Applaus und Buhrufe im Festzelt
Der bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner sprach beim Dorffest in Kettershausen. Seine Rede kam vorwiegend gut an. Doch ein anderes Ereignis sorgte für Unmut
Politprominenz in Kettershausen: Zum Ausklang des Dorffestes, das vom Sportverein und der Musikkapelle organisiert wurde, hat der bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner die Gemeinde im Unterallgäu besucht. Dort stellte er seine Agrarpolitik vor.
Das interessierte offenbar viele. Auch wenn im Zelt einige Plätze nicht besetzt waren. Unter den Zuhörern waren nicht nur Kettershauser. Josef Roth etwa war gemeinsam mit seiner Frau Gabriele aus Trunkelsberg (bei Memmingen) angereist. Wenn schon mal ein Minister in der Nähe spricht, wolle er sich das natürlich anhören, sagte der Besucher, der auch CSU-Mitglied ist.
Vor einiger Zeit hatte der Landwirtschaftsminister angekündigt, sein Amt 2018 aufgeben zu wollen. So erwartete mancher ein paar markige Sprüche von dem Abend. Einer von ihnen war Josef Weber. Er hoffe, dass Brunner etwas freier reden werde, als andere Politiker, sagte der Kettershauser. Zum Dorffest gehe er ohnehin immer, jetzt wolle er auch wissen, was Brunner zu sagen hat. Das wollten wohl zahlreiche Zuhörer im Publikum, die nach eigenem Bekunden selbst in der Landwirtschaft tätig sind oder wa- ren. Manche von ihnen sehen die Entwicklung in diesem Bereich kritisch, wie zu erfahren war.
Die ersten – und einzigen – Buhrufe aus dem Publikum kamen schon, bevor überhaupt viel auf der Bühne gesagt wurde. Der CSUKreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Franz Josef Pschierer begrüßte nämlich fälschlicherweise die „Ketterschwanger“Bürger zum Dorffest. Ein Versprecher, wie er erklärte. Der Ort Ketterschwang befindet sich im Kreis Ostallgäu.
Minister Brunner pries in seiner Rede zum Thema „Meine Agrarpolitik für Bayern“zunächst die politischen Errungenschaften der vergangenen Jahre. Zum Beispiel ging es um die Arbeitslosenquote, die in Deutschland aktuell bei drei Prozent liege, im Landkreis Unterallgäu hingegen bei nur 1,8 Prozent. Außerdem lobte er die bayerische Polizei für die beste Aufklärungsquote im deutschlandweiten Vergleich.
Der Minister erklärte, er wolle sich dafür einsetzen, dass die bayerische Agrarstruktur erhalten bleibt. Das bedeutet aus Brunners Sicht: Familienbetriebe statt landwirtschaftliche Großunternehmen, wie sie es etwa in Ostdeutschland gebe. Denn kleinere Betriebe seien beispielsweise anpassungsfähiger. „Bei der Milchkrise habe ich gelernt, dass Größe nicht alles ist. Auch auf Qualität und Kompetenz kommt es an“, sagte Brunner. Gerade damit könne Bayern und das Unterallgäu punkten. Besonders für den ländlichen Raum wolle er sich einsetzen. Ein Beispiel: In den Jahren 2012 bis 2016 seien 13,5 Millionen Euro in die ländliche Entwicklung im Unterallgäu investiert worden. Geld ausgeben wolle Brunner zukünftig auch für neue Techniken. Die sollen sich alle Betriebe, nicht nur die großen, leisten können.
Mitreißen konnte der Landwirtschaftsminister das Publikum in Kettershausen allerdings nicht. Hin und wieder gab es während der Rede zwar Applaus, doch der kam meist aus der ersten Reihe, die für CSU-Mitglieder und Parteifunktionäre reserviert war. Dort saß zum Beispiel auch der Bundestagsabgeordnete Georg Nüsslein, der heuer wieder zur Wahl antritt. Aus dem hinteren Teil des Zelts war oft leises Stimmengemurmel zu hören. Nach Brunners Rede urteilte ein Gast: „Es war einfach zu viel allgemeines Blabla. Wäre er schneller zum Punkt gekommen, hätten die Leute aufmerksamer zugehört.“Dorothe Guggemoos hingegen, Mitglied des Kreisvorstandes des Bayerischen Bauernverbands (BBV), haben einige Punkte in Brunners Ausführungen gefallen. „Es wäre wirklich wichtig die kleineren Landwirtschaftsbetriebe zu unterstützen“, sagte sie. Auch der Bezug zum Verbraucher sei wichtig. So hatte Brunner seine Zuhörer aufgefordert, den Dialog mit den Bürgern voranzutreiben, um die Akzeptanz der Agrarpolitik zu stärken. Das würde
Der falsche Ort: Ketterschwang Kompetenzzentrum kommt gut an
der BBV in der Region ohnehin regelmäßig tun. Gut fand sie Brunners Ankündigung, in Bayern ein Kompetenzzentrum für Hauswirtschaft einzurichten, um in diesem Bereich die Ausbildungsmöglichkeiten zu verbessern.
Aber an diesem Abend wurden nicht nur Reden geschwungen. Die Festbesucher hatten auch Gelegenheit über den eigens organisierten Regionalmarkt zu schlendern. Vorgestellt wurden Produkte, die in Kettershausen und Umgebung hergestellt werden, zum Beispiel Honig oder Nudeln. Zum Angebot gehörten aber auch Dekokissen aus alter Bauernbettwäsche, welche die Kettershauser Familie Joos für den guten Zweck verkauft.