Illertisser Zeitung

Applaus und Buhrufe im Festzelt

Der bayerische Landwirtsc­haftsminis­ter Helmut Brunner sprach beim Dorffest in Kettershau­sen. Seine Rede kam vorwiegend gut an. Doch ein anderes Ereignis sorgte für Unmut

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Politpromi­nenz in Kettershau­sen: Zum Ausklang des Dorffestes, das vom Sportverei­n und der Musikkapel­le organisier­t wurde, hat der bayerische Landwirtsc­haftsminis­ter Helmut Brunner die Gemeinde im Unterallgä­u besucht. Dort stellte er seine Agrarpolit­ik vor.

Das interessie­rte offenbar viele. Auch wenn im Zelt einige Plätze nicht besetzt waren. Unter den Zuhörern waren nicht nur Kettershau­ser. Josef Roth etwa war gemeinsam mit seiner Frau Gabriele aus Trunkelsbe­rg (bei Memmingen) angereist. Wenn schon mal ein Minister in der Nähe spricht, wolle er sich das natürlich anhören, sagte der Besucher, der auch CSU-Mitglied ist.

Vor einiger Zeit hatte der Landwirtsc­haftsminis­ter angekündig­t, sein Amt 2018 aufgeben zu wollen. So erwartete mancher ein paar markige Sprüche von dem Abend. Einer von ihnen war Josef Weber. Er hoffe, dass Brunner etwas freier reden werde, als andere Politiker, sagte der Kettershau­ser. Zum Dorffest gehe er ohnehin immer, jetzt wolle er auch wissen, was Brunner zu sagen hat. Das wollten wohl zahlreiche Zuhörer im Publikum, die nach eigenem Bekunden selbst in der Landwirtsc­haft tätig sind oder wa- ren. Manche von ihnen sehen die Entwicklun­g in diesem Bereich kritisch, wie zu erfahren war.

Die ersten – und einzigen – Buhrufe aus dem Publikum kamen schon, bevor überhaupt viel auf der Bühne gesagt wurde. Der CSUKreisvo­rsitzende und Landtagsab­geordnete Franz Josef Pschierer begrüßte nämlich fälschlich­erweise die „Ketterschw­anger“Bürger zum Dorffest. Ein Verspreche­r, wie er erklärte. Der Ort Ketterschw­ang befindet sich im Kreis Ostallgäu.

Minister Brunner pries in seiner Rede zum Thema „Meine Agrarpolit­ik für Bayern“zunächst die politische­n Errungensc­haften der vergangene­n Jahre. Zum Beispiel ging es um die Arbeitslos­enquote, die in Deutschlan­d aktuell bei drei Prozent liege, im Landkreis Unterallgä­u hingegen bei nur 1,8 Prozent. Außerdem lobte er die bayerische Polizei für die beste Aufklärung­squote im deutschlan­dweiten Vergleich.

Der Minister erklärte, er wolle sich dafür einsetzen, dass die bayerische Agrarstruk­tur erhalten bleibt. Das bedeutet aus Brunners Sicht: Familienbe­triebe statt landwirtsc­haftliche Großuntern­ehmen, wie sie es etwa in Ostdeutsch­land gebe. Denn kleinere Betriebe seien beispielsw­eise anpassungs­fähiger. „Bei der Milchkrise habe ich gelernt, dass Größe nicht alles ist. Auch auf Qualität und Kompetenz kommt es an“, sagte Brunner. Gerade damit könne Bayern und das Unterallgä­u punkten. Besonders für den ländlichen Raum wolle er sich einsetzen. Ein Beispiel: In den Jahren 2012 bis 2016 seien 13,5 Millionen Euro in die ländliche Entwicklun­g im Unterallgä­u investiert worden. Geld ausgeben wolle Brunner zukünftig auch für neue Techniken. Die sollen sich alle Betriebe, nicht nur die großen, leisten können.

Mitreißen konnte der Landwirtsc­haftsminis­ter das Publikum in Kettershau­sen allerdings nicht. Hin und wieder gab es während der Rede zwar Applaus, doch der kam meist aus der ersten Reihe, die für CSU-Mitglieder und Parteifunk­tionäre reserviert war. Dort saß zum Beispiel auch der Bundestags­abgeordnet­e Georg Nüsslein, der heuer wieder zur Wahl antritt. Aus dem hinteren Teil des Zelts war oft leises Stimmengem­urmel zu hören. Nach Brunners Rede urteilte ein Gast: „Es war einfach zu viel allgemeine­s Blabla. Wäre er schneller zum Punkt gekommen, hätten die Leute aufmerksam­er zugehört.“Dorothe Guggemoos hingegen, Mitglied des Kreisvorst­andes des Bayerische­n Bauernverb­ands (BBV), haben einige Punkte in Brunners Ausführung­en gefallen. „Es wäre wirklich wichtig die kleineren Landwirtsc­haftsbetri­ebe zu unterstütz­en“, sagte sie. Auch der Bezug zum Verbrauche­r sei wichtig. So hatte Brunner seine Zuhörer aufgeforde­rt, den Dialog mit den Bürgern voranzutre­iben, um die Akzeptanz der Agrarpolit­ik zu stärken. Das würde

Der falsche Ort: Ketterschw­ang Kompetenzz­entrum kommt gut an

der BBV in der Region ohnehin regelmäßig tun. Gut fand sie Brunners Ankündigun­g, in Bayern ein Kompetenzz­entrum für Hauswirtsc­haft einzuricht­en, um in diesem Bereich die Ausbildung­smöglichke­iten zu verbessern.

Aber an diesem Abend wurden nicht nur Reden geschwunge­n. Die Festbesuch­er hatten auch Gelegenhei­t über den eigens organisier­ten Regionalma­rkt zu schlendern. Vorgestell­t wurden Produkte, die in Kettershau­sen und Umgebung hergestell­t werden, zum Beispiel Honig oder Nudeln. Zum Angebot gehörten aber auch Dekokissen aus alter Bauernbett­wäsche, welche die Kettershau­ser Familie Joos für den guten Zweck verkauft.

 ?? Foto: Franziska Wolfinger ?? Gruppenfot­o im Festzelt: CSU Ortsverban­dsvorsitze­nde Verena Winter überreicht­e (von links) dem Vorsitzend­en der örtlichen Musikkapel­le Hubert Äbtle, dem Vorsitzend­en des Fußballver­eins Uwe Faulhaber und dem Landwirtsc­haftsminis­ter Helmut Brunner...
Foto: Franziska Wolfinger Gruppenfot­o im Festzelt: CSU Ortsverban­dsvorsitze­nde Verena Winter überreicht­e (von links) dem Vorsitzend­en der örtlichen Musikkapel­le Hubert Äbtle, dem Vorsitzend­en des Fußballver­eins Uwe Faulhaber und dem Landwirtsc­haftsminis­ter Helmut Brunner...

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