Unter dem Durchschnitt
Im Wahlkreis 255 Neu-Ulm ist die Abstimmungsfreudigkeit deutlich geringer ausgeprägt als anderswo
Ein paar versprengte Kandidatenplakate hängen bereits, doch sonst deutet im Wahlkreis 255 Neu-Ulm noch herzlich wenig darauf hin, dass am 24. September ein neuer Bundestag gewählt wird. Danach entscheidet sich auch, wer das Chefbüro im Bundeskanzleramt besetzt: Bleibt Angela Merkel oder muss sie Platz machen für den SPDHerausforderer Martin Schulz? Im hiesigen Walkreis, der die beiden Landkreise Neu-Ulm und Günzburg sowie Teile des Unterallgäus umfasst, können nach aktuellem Stand maximal 240905 Frauen und Männer ihre Stimmzettel abgeben. Doch Stefan Hatzelmann, Leiter der Abteilung Kommunalrecht und Wahlen im Landratsamt Neu-Ulm geht davon aus, dass es bis zum Stichtag knapp 241000 Menschen sein werden. Zwar müssen entsprechend viele Stimmzettel vorrätig sein, doch so viele werden natürlich nicht gebraucht. Bei der Bundestagswahl 2013 betrug die Beteiligung gerade mal 68 Prozent, sie lag somit deutlich unter dem Durchschnitt, denn bundesweit betrug sie 71,5 Prozent. Dass im Wahlkreis 255 weniger Menschen von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen, ist nichts Neues, denn auch 2009 lag die Wahlbeteiligung knapp ein Prozent unter dem deutschen Schnitt.
Zu dem fleißigsten Urnengängern gehörten vor vier Jahren die Osterberger, die laut Hatzelmann mit 77,61 Prozent die höchste Beteiligung vorweisen konnten, die Kirchhaslacher dagegen hatten am wenigsten Lust auf die Abstimmung: Dort warfen nur 62,58 Prozent der Berechtigten ihren Stimmzettel in die Urne – das waren aber schon deutlich mehr als 2009, da kam die Gemeinde in der Verwaltungsgemeinschaft Babenhausen auf lediglich 55,7 Prozent.
Insgesamt gehören 70 Gemeinden zum Wahlkreis, was einer Bevölkerung von rund 328 000 Menschen entspricht. Der Anteil an Ausländern beträgt 11,7 Prozent. Das Gebiet ist überwiegend katholisch geprägt, das Kirchenoberhaupt von knapp 60 Prozent der Menschen residiert im Vatikan. Nur knapp 16 Prozent gehören der evangelischen Kirche an, knapp 24 Prozent werden unter der etwas vagen Sammelbezeichnung „sonstige, kein, ohne Angaben“geführt.
Es ist keiner von den armen Wahlkreisen, wie aus den Strukturdaten des Bundeswahlleiters hervorgeht, denn das sogenannte verfügbare Einkommen pro Einwohner lag im Jahr 2014 – neuere Zahlen stehen nicht zur Verfügung – bei 23 426 Euro. Das ist etwas besser als der bayerische Durchschnitt (23080) und ein ganzes Stückchen mehr als der Bundesschnitt von 21 117 Euro. Dass der Wahlkreis die Landkreise Neu-Ulm und Günzburg sowie Teile des Unterallgäus – ganz genau: die Verwaltungsgemeinschaften Babenhausen, Boos, Erkheim und Pfaffenhausen – umfasst, war nicht immer so. Die Zuschnitte haben sich analog zur Bevölkerungsentwicklung zuweilen geändert. So gehörte von 1949 bis 1965 der Kreis Dillingen dazu, während der einstige Landkreis Illertissen dem Wahlkreis Memmingen und der Krumbacher AugsburgLand zugeschlagen war. Seit 1994 sind die Neu-Ulmer und Günzburger Kreise mit dem nordwestlichen Unterallgäu zusammen. Und noch ein Wort zum Wahlergebnis von 2013. Das Direktmandat holte sich damals mit klarem Vorsprung Georg Nüßlein (CSU) mit 57,51 Prozent. Karl-Heinz Brunner von der SPD kam auf lediglich 18,4 Prozent. Die Dritte im Bunde, Ekin Deligöz von den Grünen landete bei 7,82 Prozent. Sie und Brunner wurden über die Liste in den Bundestag gewählt, genauso wie Katrin Albsteiger von der CSU.