Wo Leo zu Elvis wird
Vor 40 Jahren starb das größte Rock-’n’-Roll-Idol der Welt. Was blieb, ist mehr als die Erinnerung an Hüftschwung und Haartolle. Tausende Imitatoren huldigen dem Sänger noch heute. Über Koteletten, zärtliche Kostproben und die Frage: Was hat ihn zum King
Elvis lebt. Gleich neben dem Getränkemarkt in einem kleinen Häuschen, an dessen Balkon eine gelb-weiße Markise im Wind schaukelt. Er sitzt auf einem graubeigen Sofa in seinem Wohnzimmer. Buchefarbene Schrankwand. Weißer Teppich. Tisch mit Zierdeckchen. Der Mann trägt einen weißen Overall mit großen schimmernden Knöpfen und einen veilchenblauen Gürtel um die Hüften. Seine Füße stecken in hellen, ledernen Schnürschuhen. Mit seiner rechten Hand fährt er sich durch die tiefschwarzen, glänzenden Haare, die in buschige Koteletten übergehen. Dann lacht er. „Die sind nur mit einem Spray eingefärbt. Eigentlich habe ich braune Haare. Schwarz steht mir nicht.“Aber ohne die dunkle Farbe geht es nun mal nicht. Nicht, wenn man Elvis sein will. Das Rock-’n’-Roll-Idol überhaupt. Der King. Der vor 40 Jahren starb und doch irgendwie weiterlebt.
Der Mann, der da in dem kleinen Städtchen Geisenfeld bei Ingolstadt inmitten orangefarbener Kissen auf der Couch sitzt und nun „Suspicious Minds“vor sich hin singt, heißt eigentlich Leo Bischof. Ein sympathischer, braun gebrannter Typ, der oft lacht und viel mit seinen Händen gestikuliert, wenn er spricht. Bischof ist Ehemann und Vater, fuhr früher mit dem Lastwagen Bier aus, hatte schon eine Kneipe und einen Obstladen. Bis er einen neuen Job fand. Einen, von dem er auch heute noch leben kann. Seit Jahrzehnten ter aber als viele andere Stars seiner Generation. Buddy Holly etwa starb mit 22. Eddie Cochran wurde nur 21 Jahre alt. Und Chuck Berry manövrierte sich durch seine Gefängnisstrafe ins Abseits. „Elvis ist von dieser Generation übrig geblieben“, sagt Wolf Kampmann, Autor und Co-Herausgeber von Rowohlts Rock-Lexikon und Lehrbeauftragter für Popgeschichte an der Hochschule der populären Künste in Berlin. Dass Elvis zum Mega-Star wurde, liegt aber noch an etwas anderem: Er kam zur richtigen Zeit.
„Die Jugend wollte die Weltkriegslast loswerden, Spaß haben“, sagt Kampmann. „Er hat einen völlig neuen Jugendstil verkörpert, eine gewisse Frivolität, etwa, wenn er sein Mikro zwischen den Beinen hin und her schlug.“Elvis sei der erste Star für ganz Amerika gewesen, einer, der sowohl die weißen Country-Hitlisten als auch die schwarzen Blues-Charts angeführt hat. Und noch etwas steckt hinter dem unglaublichen Ruhm, glaubt Kampmann: Mit der Zeit passte sich Elvis an, er entwickelte sich mit seinem Publikum weiter. „Nach seiner Rock-’n’-Roll-Zeit wurde er zum seifigen Countrysänger. Man kann mit Elvis gut alt werden.“
Auch Leo Bischof ist mit Elvis alt geworden. Wie alt, das will er nicht verraten. Nur so viel: „Ich sehe leicht zehn Jahre jünger aus, als ich bin“, sagt er und grinst. Bischof geht zu seinem Schreibtisch, rechts neben dem Sofa. Ein alter Röhrenfernseher steht darauf. Daneben liegen Videokassetten und ein paar Elvis-Fan-Artikel
Manche Imitatoren kann man in den Warenkorb legen Auf einem Foto steht er neben Uschi Glas