Illertisser Zeitung

Wo Leo zu Elvis wird

Vor 40 Jahren starb das größte Rock-’n’-Roll-Idol der Welt. Was blieb, ist mehr als die Erinnerung an Hüftschwun­g und Haartolle. Tausende Imitatoren huldigen dem Sänger noch heute. Über Koteletten, zärtliche Kostproben und die Frage: Was hat ihn zum King

- VON STEPHANIE SARTOR

Elvis lebt. Gleich neben dem Getränkema­rkt in einem kleinen Häuschen, an dessen Balkon eine gelb-weiße Markise im Wind schaukelt. Er sitzt auf einem graubeigen Sofa in seinem Wohnzimmer. Buchefarbe­ne Schrankwan­d. Weißer Teppich. Tisch mit Zierdeckch­en. Der Mann trägt einen weißen Overall mit großen schimmernd­en Knöpfen und einen veilchenbl­auen Gürtel um die Hüften. Seine Füße stecken in hellen, ledernen Schnürschu­hen. Mit seiner rechten Hand fährt er sich durch die tiefschwar­zen, glänzenden Haare, die in buschige Koteletten übergehen. Dann lacht er. „Die sind nur mit einem Spray eingefärbt. Eigentlich habe ich braune Haare. Schwarz steht mir nicht.“Aber ohne die dunkle Farbe geht es nun mal nicht. Nicht, wenn man Elvis sein will. Das Rock-’n’-Roll-Idol überhaupt. Der King. Der vor 40 Jahren starb und doch irgendwie weiterlebt.

Der Mann, der da in dem kleinen Städtchen Geisenfeld bei Ingolstadt inmitten orangefarb­ener Kissen auf der Couch sitzt und nun „Suspicious Minds“vor sich hin singt, heißt eigentlich Leo Bischof. Ein sympathisc­her, braun gebrannter Typ, der oft lacht und viel mit seinen Händen gestikulie­rt, wenn er spricht. Bischof ist Ehemann und Vater, fuhr früher mit dem Lastwagen Bier aus, hatte schon eine Kneipe und einen Obstladen. Bis er einen neuen Job fand. Einen, von dem er auch heute noch leben kann. Seit Jahrzehnte­n ter aber als viele andere Stars seiner Generation. Buddy Holly etwa starb mit 22. Eddie Cochran wurde nur 21 Jahre alt. Und Chuck Berry manövriert­e sich durch seine Gefängniss­trafe ins Abseits. „Elvis ist von dieser Generation übrig geblieben“, sagt Wolf Kampmann, Autor und Co-Herausgebe­r von Rowohlts Rock-Lexikon und Lehrbeauft­ragter für Popgeschic­hte an der Hochschule der populären Künste in Berlin. Dass Elvis zum Mega-Star wurde, liegt aber noch an etwas anderem: Er kam zur richtigen Zeit.

„Die Jugend wollte die Weltkriegs­last loswerden, Spaß haben“, sagt Kampmann. „Er hat einen völlig neuen Jugendstil verkörpert, eine gewisse Frivolität, etwa, wenn er sein Mikro zwischen den Beinen hin und her schlug.“Elvis sei der erste Star für ganz Amerika gewesen, einer, der sowohl die weißen Country-Hitlisten als auch die schwarzen Blues-Charts angeführt hat. Und noch etwas steckt hinter dem unglaublic­hen Ruhm, glaubt Kampmann: Mit der Zeit passte sich Elvis an, er entwickelt­e sich mit seinem Publikum weiter. „Nach seiner Rock-’n’-Roll-Zeit wurde er zum seifigen Countrysän­ger. Man kann mit Elvis gut alt werden.“

Auch Leo Bischof ist mit Elvis alt geworden. Wie alt, das will er nicht verraten. Nur so viel: „Ich sehe leicht zehn Jahre jünger aus, als ich bin“, sagt er und grinst. Bischof geht zu seinem Schreibtis­ch, rechts neben dem Sofa. Ein alter Röhrenfern­seher steht darauf. Daneben liegen Videokasse­tten und ein paar Elvis-Fan-Artikel

Manche Imitatoren kann man in den Warenkorb legen Auf einem Foto steht er neben Uschi Glas

 ?? Fotos: Ulrich Wagner ?? Ein letzter Blick in den Badezimmer Spiegel: Die Frisur sitzt, das Hemd auch. Leo Bischof ist bereit für den nächsten Elvis Auftritt.
Fotos: Ulrich Wagner Ein letzter Blick in den Badezimmer Spiegel: Die Frisur sitzt, das Hemd auch. Leo Bischof ist bereit für den nächsten Elvis Auftritt.

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