Illertisser Zeitung

Ein Feiertag, der Bayern spaltet

Warum morgen nicht in allen Städten im Freistaat die Geschäfte geschlosse­n bleiben

- VON VERENA MÖRZL kna) (mit

Manchmal, da hat man einfach Pech. Morgen zum Beispiel wird Sarah Herrle trotz des Feiertags aufstehen und zur Arbeit nach Nördlingen fahren. Anders als in ihrer Heimatstad­t Donauwörth gilt Mariä Himmelfahr­t in der rund 30 Kilometer entfernten und evangelisc­h geprägten Stadt im Ries nämlich nicht als Feiertag.

Jetzt kann man sich über diesen Umstand ärgern, oder aber man nimmt es wie Sarah Herrle und sieht die positiven Seiten. Klar wäre ihr persönlich ein freier Tag lieber. Doch der Nicht-Feiertag mache Nördlingen doch erst recht besonders, findet die Angestellt­e der städtische­n Tourist-Info. Und so entwickelt­e die Stadt daraus vor einigen Jahren auch eine Marketingi­dee. Seither wird die Werbetromm­el für die geöffneten Geschäfte gerührt. An Mariä Himmelfahr­t selbst dreht eine Bimmelbahn innerhalb der Stadtmauer­n ihre Runden und lockt Touristen und feiertagsv­erwöhnte Bürger an. „Und wenn mich jemand von meinen Freunden ärgert, weil ich am Dienstag arbeiten muss, sage ich eben, dass ich dafür am Stabenfest frei habe“, sagt die 27-Jährige. Mit Deutschlan­ds wohl größtem Kinderfest wird in Nördlingen jedes Jahr am ersten Montag nach Muttertag der Frühling willkommen geheißen.

Mariä Himmelfahr­t ist in mehr als 80 Prozent der bayerische­n Kommunen ein gesetzlich­er Feiertag. In 1704 von 2056 Gemeinden müssen die meisten Bürger am 15. August nicht arbeiten, die Geschäfte haben geschlosse­n. Das ist durchgängi­g der Fall in Ober- und Niederbaye­rn, in Teilen Mittel- und Oberfranke­ns sowie Nordschwab­ens dagegen nicht. Der Feiertag gilt nur dort, wo mehr Katholiken als Protestant­en wohnen. Grundlage ist die Volkszählu­ng von 2011. Ende 2016 lebten in Bayern fast 6,53 Millionen Katholiken und 2,41 Millionen evangelisc­h-lutherisch­e Christen. Bei einer Gesamtbevö­lkerung von rund 12,8 Millionen behauptete­n die Katholiken damit noch eine knappe Mehrheit.

Seinen Ursprung hat das katholisch­e Hochfest Mariä Himmelfahr­t in der Ostkirche. Dort wurde es im Jahr 431 eingeführt. In der römischen Kirche wird die in der Bibel nicht beschriebe­ne Aufnahme Mariens in den Himmel seit dem 7. Jahrhunder­t gefeiert, in Deutschlan­d seit dem 9. Jahrhunder­t.

Außer in weiten Teilen Bayerns ist Mariä Himmelfahr­t nur im Saarland ein arbeitsfre­ier Feiertag.

 ?? Archivfoto: Diana Hofmann ?? An Mariä Himmelfahr­t tuckert eine Bimmelbahn durch die Nördlinger Innenstadt – nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene.
Archivfoto: Diana Hofmann An Mariä Himmelfahr­t tuckert eine Bimmelbahn durch die Nördlinger Innenstadt – nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene.

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