Der Herr der Kolosse
Sein musikalisches Erweckungserlebnis hatte der schwäbische Bub völlig überraschend. Heute zählt Willibald Guggenmos zu den internationalen Spitzen-Organisten
Er war zehn, es war Heiliger Abend, und der Organist in Dasing fiel kurzfristig aus. „Der Pfarrer rief an: Bub, du musst heute Abend spielen“, erzählt Willibald Guggenmos sein Erweckungserlebnis als Orgelvirtuose. Längst ist er über das Dorf im Aichacher Land hinausgewachsen. Längst gibt er Konzerte in aller Welt und kennt hunderte von Orgeln samt ihrer Eigenarten. Das Erlebnis von 1967 freilich hat er nicht vergessen: „Heuer feiere ich mein fünfzigjähriges Jubiläum als Kirchenorganist.“
Die klassischen Meister hat sich Guggenmos fleißig erarbeitet: Im Jahr 1985 spielte er das gesamte Orgelwerk von Johann Sebastian Bach in elf Konzerten. Es folgten Gesamtaufführungen der Werke von César Franck, Léon Boellmann, Franz Liszt, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Wolfgang Amadé Mozart, Johannes Brahms, Maurice Duruflé und die großen Orgelwerke von Max Reger, Marcel Dupré und Olivier Messiaen. Zeitweise habe er Lieblingskomponisten; „das hängt davon ab, wo ich gerade eingeladen werde“. Denn: Willibald Guggenmos leistet sich den künstlerischen Luxus, jedes Programm individuell auf das Instrument abzustimmen, sender Organist auch manche Überraschung, wenn er sich auf Beschreibungen des zur Verfügung stehenden Instruments verlässt. An einem Ort („Bitte schreiben Sie nicht wo!“) fand er eine Orgel vor, die angeblich 80 Register haben sollte. „Tatsächlich waren zwanzig gar nicht eingebaut und dreißig unspielbar.“
Mit der eigenen Stammorgel im Dom zu St. Gallen kann Guggenmos sehr zufrieden sein: Die Hauptorgel hat 74 Register, die historische, bald 250 Jahre alte Chororgel hat 33 Register. Damit kann er die gesamte Literatur von der Gotik bis in die Gegenwart stilgerecht spielen. Ebenso schwärmt Guggenmos von den Orgeln in der Augsburger Stadtpfarrkirche St. Moritz, zu denen er seit seiner Studienzeit „eine tiefe persönliche Beziehung“habe: Hier hat Guggenmos geübt, hier sein Meisterklassenkonzert einstudiert. Dass zum großen, unlängst überholten Instrument eine Chororgel mit der schillernden Intonation für die französischen Zeitgenossen gekommen ist, begeistert ihn zusätzlich. Schon drei Mal hat Willibald Guggenmos in St. Moritz ein Konzert gegeben, 2018 kommt er wieder.
Er hat es ja nicht weit. Vier Tage in der Woche absolviert er seinen
Das Schattendasein der Orgeln in europäischen Konzerthäusern An Nationalfeiertagen der Schweiz muss er selbst an die Orgel