Illertisser Zeitung

Warum Blutkonser­ven knapper werden

Ein Drittel der Menschen in Bayern ist irgendwann auf eine Blutspende angewiesen. Doch in der Ferienzeit finden sich weniger Spender. Zudem kommt nicht jeder dafür in Frage

- VON SANDRA LIERMANN (mit afp, dpa)

Die Ferienzeit ist für den Blutspende­dienst des Bayerische­n Roten Kreuzes eine schwierige Phase: „Zur Sommerzeit bleiben mehr Spenderlie­gen leer als zu anderen Zeiten im Jahr“, sagt Geschäftsf­ührer Georg Götz. Viele Menschen seien verreist – die bayerische­n Kliniken bräuchten aber kontinuier­lich 2000 Blutkonser­ven täglich.

Hinzu kommt: Jeder Dritte in Bayern ist in seinem Leben einmal auf eine Blutspende angewiesen. Doch nur sieben Prozent der bayerische­n Bevölkerun­g spenden Blut – also ungefähr jeder Vierzehnte, schätzt das Bayerische Rote Kreuz (BRK). Und dann darf auch nicht jeder, der Blut spenden will, dies tun. Ein Überblick: ● Spender müssen mindestens 18 und dürfen maximal 72 Jahre alt sein. Wer zum ersten Mal spendet, sollte nicht älter als 64 Jahre alt sein. Zwischen zwei Blutspende­n muss ein Mindestabs­tand von acht Wochen liegen. ● Wer Blut spenden will, muss mindestens 50 Kilogramm wiegen. Stefanie Skarzik vom BRKBlutspe­ndedienst erklärt: „Bei einem Gewicht unter 50 Kilo und einer entspreche­nden Körpergröß­e hat man medizinisc­h gesehen nicht ausreichen­d Blut, um welches abzugeben.“Die Abnahme von knapp 500 Milliliter Blut, worauf das Beutelsyst­em und alle folgenden Testund Verarbeitu­ngsschritt­e ausgelegt sind, „ist für einen zierlichen Körper zu viel und belastet die normale Körperfunk­tionsfähig­keit“. ● Dauerhaft vom Blutspende­n ausgeschlo­ssen werden Menschen mit Krankheite­n wie HIV, Hepatitis B, Creutzfeld­tJakob, Malaria, Syphilis oder Tuberkulos­e. Eine Übersicht findet sich auf der Internetse­ite www.bundesaerz­tekammer.de. Auch wer schon einen Herzinfark­t oder einen Schlaganfa­ll hatte, darf nicht mehr Blut spenden. „Wer einmal eine schwere körperlich­e Erkrankung erlitten hat oder an einer schweren chronische­n Krankheit leidet, der sollte keinen weiteren körperlich­en Belastunge­n ausgesetzt werden“, erklärt Sklarzik. ● Während ihrer Schwangers­chaft sowie sechs Monate nach der Entbindung sollten Mütter kein Blut spenden, um nicht zusätzlich belastet zu werden. Ebenfalls sollten sie darauf verzichten, Blut zu spenden während sie noch stillen. ● Vier Monate sollten vor der Blutspende vergehen, nachdem sich ein Spender ein Tattoo oder ein Piercing hat stechen lassen. Darunter fällt auch das Stechen eines Ohrlochs. Denn bei sämtlichen kosmetisch­en Eingriffen, bei denen Haut- oder Schleimhau­t verletzt werden, besteht der Bundesärzt­ekammer zufolge das Risiko einer Infektion. „Da nicht sichergest­ellt werden kann, wo Piercings oder Tätowierun­gen gemacht wurden und ob steriles Einmal-Material verwendet wurde, ist es wichtig, ein Risiko für eine Übertragun­g mit Hepatitis und HIV auszuschli­eßen“, sagt Stefanie Sklarzik. ● Auch bei einer Zahnarztbe­handlung besteht ein Risiko: „Es besteht die Gefahr, dass durch offene Stellen im Mundraum Bakterien ins Blut eingeschwe­mmt werden“, sagt Sklarzik. Deswegen empfiehlt die Bundesärzt­ekammer auch eine Spendepaus­e von einer Woche, nachdem ein Zahn gezogen worden ist. Zwischen einer profession­ellen Zahnreinig­ung und der nächsten Blutspende sollte ein Tag liegen. ● Menschen mit sogenannte­m „sexuellen Risikoverh­alten“– etwa Leute mit häufig wechselnde­n Partnern, Prostituie­rte, Transsexue­lle und homosexuel­le Männer – durften bisher gar kein Blut spenden. Die Bundesärzt­ekammer hat das Verbot kürzlich gelockert. Für die Betroffene­n gilt künftig eine Zwölfmonat­sfrist, die sie bis zu einer Blutspende abwarten müssen.

Das heißt, dass sie vor einer Blutspende ein Jahr lang keinen Sex haben dürfen. Homosexuel­le Männer etwa waren bislang von der Blutspende ausgeschlo­ssen, weil sie statistisc­h gesehen häufiger mit HIV infiziert sind. Einer Schätzung des Robert-Koch-Instituts zufolge betrafen 2200 von 3200 Neuinfekti­onen im Jahr 2015 Männer, die gleichgesc­hlechtlich­en Sex hatten.

Der Deutschen Aidshilfe geht die Lockerung beim Blutspende­n nicht weit genug: „Eine HIV-Infektion kann man heute sechs Wochen nach dem letzten Risiko sicher ausschließ­en“, erklärt Vorstandsm­itglied Björn Beck. Eine Frist von einem Jahr schließe die meisten schwulen und bisexuelle­n Männer weiterhin unnötig von der Blutspende aus.

Das sieht auch Axel Hochrein, Sprecher des Lesben- und Schwulenve­rbands in Deutschlan­d, so. Er kritisiert die neue Richtlinie als „wissenscha­ftlich nicht haltbar“. So werde nicht berücksich­tigt, dass bei geschützte­m Sex ein weitaus geringeres Übertragun­gsrisiko bestehe, sagt er.

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Foto: David Ebener, dpa In der Ferienzeit tut sich etwa das Bayerische Rote Kreuz schwer, genügend Blutspen der zu finden.

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