Keks Diebstahl: Obdachloser steht vor Gericht
Was den 20-Jährigen zu der Tat verleitete
Als eine „absolute Bagatellstraftat“hat Richter Bernhard Lang die Tat bezeichnet, wegen der ein 20-Jähriger kürzlich vor ihm auf der Anklagebank saß. Das Urteil fiel dennoch relativ hart aus: eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten zur Bewährung. Was war vorgefallen?
An einem Samstagabend im März dieses Jahres hatte der junge Mann in einer Spielothek in Illertissen eine große Schachtel Kekse im Wert von 25 Euro gestohlen. Das räumte er im Gerichtssaal ein: „Ich hatte seit Tagen nichts mehr gegessen. Da war der Magen größer als der Gedanke daran, etwas Verbotenes zu tun.“
Seit drei Jahren lebt der 20-Jährige nach eigenen Angaben auf der Straße. Die Mittelschule habe der junge Mann nach der siebten Klasse verlassen. Danach habe er in unregelmäßigen Abständen die Berufsschule besucht, aber dieses Bildungsangebot immer wieder abgebrochen. Kurzfristig sei er auch in Obdachloseneinrichtungen untergekommen. Aus der letzten sei er „rausgeflogen“, weil in seinem Zimmer eine sogenannte „Bong“, eine Wasserpfeife zum Konsumieren von Drogen, gefunden worden sei.
Trotz der schwierigen Lebensumstände des jungen Mannes – keine Wohnung, kein Schulabschluss, keine Arbeit – sahen Richter Lang und die beiden Schöffen eine günstige Sozialprognose. Seit einem Monat befindet er sich, unter anderem wegen seines Drogenproblems, im Bezirkskrankenhaus Günzburg. Anders als von der Staatsanwältin gefordert, setzte das Gericht die Haftstrafe daher zur Bewährung aus. Die Strafe solle dazu beitragen, dass der Mann sein Leben wieder in den Griff bekommt, hieß es.
Zusätzlich verhängten die Schöffen und der Richter eine Reihe von Auflagen, die dem Angeklagten dabei helfen sollen, sein Leben in geordnete Bahnen zu lenken. Den Aufenthalt im Bezirkskrankenhaus darf der 20-Jährige nicht abbrechen und muss auch die von den Ärzten vorgeschlagenen Therapien mitmachen. Der Richter appellierte in der Urteilsbegründung an den Angeklagten, diese Chance zu nutzen: „Das sind die einzigen Möglichkeiten, aus der Situation herauszukommen, in der sie stecken.“