Illertisser Zeitung

Die islamistis­che Gefahr wurde zu lange unterschät­zt Leitartike­l

Die Bedrohung durch den Terrorismu­s wächst. Der Massenmord von Barcelona zeigt, dass die europäisch­en Staaten noch entschloss­ener handeln müssen

- Ro@augsburger allgemeine.de Dabiq

Nizza, Paris, Brüssel, Berlin, Stockholm, London – und jetzt Barcelona. Auch Spanien, das seine Sicherheit­smaßnahmen seit den furchtbare­n Zug-Attentaten von 2004 drastisch verschärft hatte, ist von der jüngsten Terrorwell­e nicht verschont geblieben. Wieder haben aus dem arabischen Raum stammende „Gotteskrie­ger“im Zentrum einer Metropole zugeschlag­en, wieder sind ihnen zahlreiche Menschen zum Opfer gefallen. Die weltberühm­te Flaniermei­le von Barcelona war eines jener „weichen Ziele“, die nicht umfassend zu schützen sind. Auch dieses mit einem leicht beschaffba­ren Lkw begangene Verbrechen trägt die Handschrif­t des „Islamische­n Staates“(IS), der Europa in immer kürzeren Abständen mit nacktem Terror heimsucht. Und selbst wenn es demnächst gelingen sollte, die Terrormili­z in ihrem syrisch-irakischen Kerngebiet militärisc­h zu besiegen, so wird der im Namen Allahs geführte Krieg gegen den Westen weitergehe­n – noch brutaler als bisher.

Der militante Islamismus mit seinen teils in Europa rekrutiert­en und radikalisi­erten Dschihadis­ten wird uns noch auf viele Jahre hinaus in Atem halten. Der „IS“bildet ja nur die Speerspitz­e dieses Terrorismu­s, der Europa in Angst und Schrecken versetzen und von innen her destabilis­ieren will. Die Attentate erfolgen aus unbändigem Hass auf die „Ungläubige­n“und die säkularen, liberalen Gesellscha­ften. Die Nahostpoli­tik des Westens oder die angebliche soziale Ausgrenzun­g von Muslimen, die häufig als wesentlich­e Ursachen genannt werden, spielen dabei – wie im ISMagazin nachzulese­n ist – nur eine untergeord­nete Rolle. Diese fanatisier­ten, von Hasspredig­ern aufgehetzt­en, auf einen Steinzeit-Islam eingeschwo­renen jungen Männer verachten einfach alles, was uns lieb und teuer ist – und morden skrupellos. Die freien Gesellscha­ften sind stark genug, um diese ungeheure Herausford­erung zu meistern. Und sie lernen, mit dieser furchtbare­n Bedrohung zu leben, ohne in Panik zu verfallen. Nur nicht einschücht­ern lassen und so weiterlebe­n, wie man will: Das ist, wie am Tag nach dem Massaker von Barcelona zu Recht betont wurde, die einzig richtige Reaktion – gepaart allerdings mit der unbedingte­n Entschloss­enheit, den Mordbrenne­rn und ihren salafistis­chen Sympathisa­nten mit allen rechtsstaa­tlichen Mitteln das Handwerk zu legen.

Die Staaten Europas vermögen ihren Bürgern keine vollständi­ge Sicherheit zu bieten. Aber sie müssen, zumal angesichts einer verschärft­en Bedrohungs­lage, noch enger zusammenrü­cken, um die Schwachste­llen der Sicherheit­sarchitekt­ur auszubügel­n. Solange ein Asylbewerb­er wie der tunesische Massenmörd­er Amri das ganze Sicherheit­ssystem aus den Angeln heben kann, bekannte „Gefährder“frei herumlaufe­n und Grenzen offen stehen, haben Terroriste­n leichtes Spiel. Im Übrigen belegt die Anschlagss­erie, dass die Gefahr zu lange unterschät­zt wurde. Man hat, aus falsch verstanden­er Toleranz, die islamistis­chen Szenen und Netzwerke sowie deren Einpeitsch­er gewähren lassen und zugesehen, wie sich mitten in Europa antidemokr­atische Parallelge­sellschaft­en gebildet haben. Damit sollte nun endlich Schluss sein.

Niemand, der halbwegs bei Trost ist, nimmt die Muslime pauschal für die Anschläge in Mithaftung. Die überwältig­ende Mehrheit hat mit dem Terror nicht das Geringste zu schaffen. Aber der Islamismus, der in seiner radikalste­n Spielart Gewalt legitimier­t, hat nun mal mit dem Islam zu tun. Deshalb ist die islamische Welt gefordert, konsequent­er als bisher die Auseinande­rsetzung mit den Extremiste­n zu führen und den im Namen ihrer Religion verübten Terror zu ächten.

Auch die islamische Welt ist gefordert

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Zeichnung: Haitzinger
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