Wahlplakate umgestalten?
Das Nein an dieser Stelle ist ein resignatives Nein. Es schreibt hier ein Enttäuschter, ein Desillusionierter. Sie fänden mich gegenüber, beim Pro, wären wir in Mexiko City oder in Lyon beispielsweise. Denn dort kann man in den Straßen intelligente Eingriffe, künstlerische Umgestaltungen, großartige Neuinterpretationen von Wahlplakaten sehen. Da kleben sie zum Beispiel leere Comic-Sprechblasen über die Politikerplakatköpfe und jedermann ist eingeladen, dort hinein eine Aussage zu schreiben. Oder es gibt minimale Interventionen mit maximaler Wirkung – etwa durch das chirurgische Einfügen von nur zwei Buchstaben, die aber den Sinn radikal drehen… Es gelingt Künstlern sogar, durch Einrisse an den richtigen Stellen Bilder grotesk gut zu verfremden. Manchmal überkleben sie auch so perfekt, dass über Nacht Fantasie-Kandidaten längst vergebene Listenplätze erobern …
Jetzt aber Schluss mit der Schwärmerei. An dieser Stelle geht es ja um ein Dagegensein im real existierenden Hier bei uns. Tatsächlich ist es besser, die in ihrer dadaistschen Gelacktheit oder bestürzenden Schlichtheit gestalteten Wahlplakate unberührt wirken zu lassen, als sie mit pubertären Reflexen anzugehen, die nichts als Überdruss erzeugen. Was man zu sehen bekommt, ist ziemlich geistlos und langweilig. Das Vokabular erschöpft sich einerseits in Zähne schwarz malen, Hitlerbärtchen und Piratenklappe auf einem Auge. Und andererseits gibt es die Grobmotoriker, denen nichts anderes einfällt als Kaputtmachen, Runterreißen. Die Kunst der Zwischentöne? Gibt’s nicht oder nur höchst selten. Bevor also die Dumpfmeister der vermeintlichen Witzigkeit die Straßenränder unter Niveau verschandeln, sollten wir die Plakate unter Schutz stellen. Proletarier aller Länder, lasst die Finger davon!