Illertisser Zeitung

Einer, der anders ist

Martin Hinteregge­r spricht vor dem Gladbach-Spiel offen über Raul Bobadilla und seine Zeit bei der Borussia

- VON ROBERT GÖTZ

Manuel Baum hat ganz spezielle Erinnerung­en an Borussia Mönchengla­dbach. Borussia war der erste Gegner bei seiner Premiere als Bundesliga­trainer wenige Tage vor Weihnachte­n. „Natürlich schläft man da etwas weniger, weil es komplett neu war.“Doch die Aufregung war umsonst. Der FC Augsburg gewann mit 1:0 gegen Gladbach, Baums Einsteig als Nachfolger von Dirk Schuster war gelungen.

Acht Monate und 21 Bundesliga­spiele später sagt Baum: „Jedes Bundesliga­sspiel ist immer noch ein Highlight für mich“, doch so nervös wie am 17. Dezember 2016 ist er längst nicht mehr. Dabei hat das erste Heimspiel in dieser Saison am Samstag (15.30 Uhr) gegen Gladbach wieder eine Signalfunk­tion. Mit einem Sieg würde den Kritikern, die nach dem 0:1 beim Hamburger SV schon jetzt von einem Fehlstart sprechen, mit einem Schlag der Wind aus den Segeln genommen. Das weiß auch Martin Hinteregge­r, 24.

Er war der Torschütze bei Baums Einstand und der österreich­ische Innenverte­idiger hat von Januar 2016 bis Ende Juni 2016 in Gladbach gespielt. Keine erfolgreic­he Zeit für Hinteregge­r. „Es hat ganz ok begonnen, doch dann ist es steil bergab gegangen. Der Schritt von der österreich­ischen ersten Liga in die Bundesliga war in den vier, fünf Monaten einfach zu groß für mich.“Hinteregge­r spricht offen und ehrlich. Anders als viele seiner Kollegen. Nach zehn Bundesliga­spielen kehrte er zu RB Salzburg zurück.

Sein zweiter Anlauf in Deutschlan­d beim FCA gelang. Hinteregge­r hat sich in den 32 Punktspiel­en etabliert und besonders Vereine aus Italiens Serie A auf sich aufmerksam gemacht. Zuletzt soll es Lazio gewesen sein. „Es gab eine Anfrage, aber es war nicht Lazio“, gibt Hinteregge­r zu. Ein Abgang von Hinteregge­r droht zwar nicht, aber trotzdem ist Manuel Baum „froh, wenn es der 1. September und die Transferpe­riode vorbei ist“. Mit Paul Verhaegh (zum VfL Wolfsburg) und Raul Bobadilla (vergangene Woche zu Gladbach) verließen zwei wichtige Spieler unerwartet den FCA, das Werben des HSV um Konstantin­os Stafylidis, 23, scheint doch nicht zu Ende.

Die Meldungen aus Hamburg wechseln täglich. Das Interesse an Diego Contento (Olympique Lyon) scheint doch nicht so groß wie gedacht, der Augsburger Linksverte­idiger weiter die Nummer eins auf der Wunschlist­e.

In dieser Situation scheint Stafylidis für Baum kein Kandidat für den 18er-Kader zu sein. Zuletzt fehlte er in Magdeburg und in Hamburg. „Er ist ein junger Spieler, in dessen Kopf viel vorgeht, und auch das darf man nicht außer Acht lassen.“

Ob Stafylidis für das Spiel gegen Mönchengla­dbach im Kader steht, ließ Baum offen. Weiterhin fraglich ist der Einsatz von Caiuby und Jan Morávek: Den Brasiliane­r plagt eine Fußverletz­ung; der Tscheche hat muskuläre Probleme.

Dass Bobadilla nach seinem Wechsel zu Mönchengla­dbach nicht gegen seinen Ex-Klub auflaufen darf, ist auch im Sinne von Baum: „Boba kennt viele Abläufe und er hat eine unbestritt­ene Qualität.“Aber auch ohne Bobadilla hat Baum vor Gladbach gehörig Respekt: „Borussia gehört zu den fünf, sechs besten Teams der Liga.“

Dass der FCA nach dem Abschied des Stürmers Ersatz holt, müsse nicht unbedingt sein. Baum: „Ich bin überzeugt davon, dass wir mit dem aktuellen Kader die Klasse halten können.“

Doch dazu müssen die Stürmer langsam einmal treffen, das weiß auch Martin Hinteregge­r. Ob er oder ein anderer Spieler am Samstag trifft, ist ihm egal: „Hauptsache, wir treffen.“Er setzt auf den Heimvortei­l, auch wenn die WWK-Arena noch nicht ausverkauf­t ist. 2500 Karten sind noch zu haben.

Dass Bobadilla fehlen wird, findet Hinteregge­r gut. „Wenn Boba Lust hat, dann kann er einen allein zum Klassenerh­alt schießen.“Er betont das Wenn. Seine Rolle als Ex-Gladbacher sieht er mit Humor: „Boba hat beim FCA Großes hinterlass­en ich in Gladbach nichts, außer zwei Eigentoren.“

Hach, was war das gestern in Monaco wieder mitreißend. Vergessen Sie die Ziehung der Lottozahle­n. Eine Nichtigkei­t. Großes kündigte sich an. Wild wirbelten die Kügelchen in den Glasschüss­eln durcheinan­der, im Inneren verbargen sie die Namen der europäisch­en Fußball-Könige. Die Auslosung der Champions League elektrisie­rte die Vereinsher­ren in ihren Armani-Anzügen, nervös zupften sie an Krawatten. Tagelang hatten sie vor Spiegeln geübt, welcher Gesichtsau­sdruck am besten zu welchem zugelosten Gegner passte. Dass sie derart aufgeregt mit Oberschenk­eln wippten, hatte einen guten Grund. Sie wissen: Spannender als bei der Auslosung wird es im Verlauf dieser Champions-League-Saison nicht mehr werden.

Glauben Sie nicht? Sie meinen: sportliche­r Wettbewerb, Glück, Pech, Verletzung­en, falsche Schiedsric­hterentsch­eidungen. Verstorben­e Haustiere, die Sinnkrisen bei Fußball-Profis verursache­n. All das könnte natürlich das Treiben auf dem Rasen beeinfluss­en. Die Realität indes sieht anders aus. Langeweile überall. Ursächlich – wie sollte es anders sein: das Geld. Genauer: das viele Geld. Und dessen Verteilung.

Die Champions League war einst eine runde Sache, als wahrhafte Meister dem elitären Kreis angehörten und im K.o.-System gespielt wurde. Es folgten Kommerz, Gier, Maßlosigke­it. Es kamen hinzu Tabellenzw­eite, -dritte, -vierte, ja sogar -fünfte. Brandbesch­leuniger sind Milliarden Euro, die TV-Sender und Sponsoren in das gepimpte Produkt stecken. Von Jahr zu Jahr mehr.

Die Champions League beeinfluss­t den gesamten europäisch­en Klubfußbal­l, sportliche­n Wettbewerb hat sie nahezu abgeschaff­t. Selbst Fußball-Romantiker müssen einsehen: Geld schießt Tore. Erste Opfer waren die nationalen Ligen. Kurz zusammenge­fasst: Dauergäste in der Champions League dominieren in Italien, Spanien oder Frankreich. Also spielen sie wieder Champions League. Kassieren wieder Millionen. Kaufen wieder teure Stars. Landen wieder auf einem Champions-League-Platz. Das Rad dreht sich weiter. Und weiter. Auswüchse zeigen sich darin, dass der FC Bayern Erfolg am Abschneide­n in der Champions League misst. Halbfinale ist Pflicht.

Nun greift das Geld-Virus seinen eigenen Wirt an, auch innerhalb der Königsklas­se geht die Schere zwischen arm und reich auseinande­r. Barcelona, Real Madrid, FC Bayern oder Juventus Turin dürften im Halbfinale stehen, vielleicht auch Paris St. Germain. Es sei denn, diese Klubs treffen vorher aufeinande­r.

Wird gelost, ist sie wirklich spannend, diese Champions League.

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Foto: Ulrich Wagner Martin Hinteregge­r ist ein Profi mit eige ner Meinung.

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