Sie feilen an ihrer Karriere
Morgen startet für viele junge Menschen das Berufsleben: Der erste September ist Ausbildungsbeginn. Besonders eine Branche ist in der Region beliebt
Der erste Tag im September ist der erste Tag im Berufsleben – zumindest für 830 neue Auszubildende im Landkreis Neu-Ulm und 1360 im Unterallgäu. Im Kreis Neu-Ulm haben sich 175 von ihnen für einen Beruf im Handwerk entschieden, 655 junge Menschen beginnen morgen eine Ausbildung in den Bereichen Industrie, Dienstleistung und Handel.
Für den Landkreis bedeutet das ein kleines Minus von drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch Monika Treutler-Walle, Sprecherin der Handwerkskammer Schwaben (HWK), ist der Ansicht, dass dies nur eine „Wasserstandsmeldung“ist. Täglich kämen neue Arbeitsverträge hinzu. „Ich schätze, dass momentan 70 Prozent der Ausbildungsverhältnisse gemeldet sind. Das wird also noch mehr.“Treutler-Walle geht davon aus, dass die Anzahl der jungen Menschen, die in die Lehre gehen, am Ende auf dem Vorjahresniveau liegt.
Dass die Zahl der Auszubildenden im Kreis leicht zurückgegangen ist, sei vor allem dem kaufmännischen Bereich geschuldet. Nach Ansicht von Josefine Steiger, Leiterin der Fachabteilung Ausbildung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben, gebe es in diesem Bereich eine Sättigung. Die Ursache dafür liege aber weniger daran, dass die Nachfrage nach einem Beruf im Kaufmännischen sinke. Es gebe einfach weniger Lehrstellen in dem Gebiet, sagt sie. Mit Blick auf ganz Schwaben sei der Landkreis kein Ausreißer, sondern entspreche der Regel. Dies gilt auch für den benachbarten Alb-Donau-Kreis. Dort sind Ausbildungen im kaufmännischen Bereich um knapp neun Prozent zurückgegangen. Generell seien in Ulm und der Region die Ausbildungszahlen für Unternehmen aus Industrie, Dienstleistung und Handel im Vergleich zum Vorjahr gleich geblieben. In der Stadt Ulm und im Alb-Donau-Kreis beginnen morgen 1356 junge Menschen eine Ausbildung. Im handwerklichen Bereich waren es zum Stand Ende Juli 514 Lehrlinge.
Im Unterallgäu haben sich bis jetzt 1099 junge Menschen für einen Beruf in Industrie, im Dienstleistungssektor oder im Handel und 261 im Handwerk entschieden. Die meisten von ihnen wollen aber einen technischen Beruf erlernen. „Wir haben 500 Ausbildungsverträge in einem technischen Bereich, wie Maschinenund Anlagenführer“, sagt Steiger. Im Vorjahr seien es in dieser Branche im Unterallgäu nur 435 neue Azubis gewesen. Auch im Nachbarkreis Neu-Ulm liegen Berufe in der Metallindustrie bei den jungen Leuten im Trend. Ob Zerspanungs-, Konstruktionsmechaniker oder Fachkraft für Metall, im Landkreis starten 165 junge Menschen eine Ausbildung in diesem Bereich. Das ist die höchste Zahl unter allen Branchen im Kreis. Dies hat vor allem einen Grund, wie Steiger der IHK Schwaben gegenüber unserer Zeitung sagt: In der Branche werde händeringend nach Fachkräften gesucht. Die Metalltechnik biete damit vielen Azubis eine Zukunftsperspektive, sodass sich viele gerade für diesen Bereich entschieden. Auch in Handwerksberufen, wie im Heizungs-, Sanitär-, und Klimatechnikbereich, werden dringend Spezialisten gesucht. „Momentan ist einfach ein Bedarf an diesen Berufen da“, sagt Treutler-Walle von der HWK. Generell spricht sie sich aber dagegen aus, dass es beliebte und unbeliebte Ausbildungsberufe gibt: „Man muss sich von dem Klischee befreien, dass beispielsweise Fleischer weniger angesehen sind.“
Eine Ausbildung wird zuneh- mend auch für die Integration von geflüchteten Menschen wichtig. Begannen vergangenes Jahr noch rund 60 Menschen aus Nicht-EU-Ländern eine Lehre im Handwerk in Schwaben, so hat sich die Zahl in diesem Jahr verdoppelt. 22 Flüchtlinge haben sich im Kreis Neu-Ulm für eine Ausbildung im Industrie-, Dienstleistungs-, oder Handelsberuf entschieden, im Unterallgäu sind es 25. Dass nicht mehr Flüchtlinge einen Ausbildungsvertrag in der Region abschließen, liegt vor allem an den bürokratischen Hürden, die die Unternehmen überwinden müssen, um diesen Menschen einen Vertrag anbieten zu können. „Wir hätten bedeutend mehr Bewerber, wenn mehr Afghanen eine Arbeitserlaubnis bekommen würden“, ist Steiger überzeugt. Positiv bewertet sie den Trend, dass rund jeder fünfte Auszubildende in den Bereichen Industrie, Dienstleistung und Handel mittlerweile das Abitur hat. Etwa die Hälfte der Schulabgänger komme von Fachoberschulen, die andere von Gymnasien. Treutler-Walle von der Handwerkskammer freut sich über den Bewusstseinswandel: „Früher war das Studium das Nonplusultra.“Heute dagegen merkten immer mehr Menschen: „Eine Berufsausbildung zu machen, ist auch nicht schlecht.“Wer noch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz ist, hat gute Chancen. Im Kreis verzeichnet die Handwerkskammer 59 freie Stellen, die Industrie- und Handelskammer noch 32 freie Plätze – allein in den Lehrstellenbörsen.
Studium ist nicht mehr das „Non Plus Ultra“