Wird alles besser mit Menschen in Miniatur Format?
Der Festival-Eröffnungsfilm „Downsizing“ist gut, aber wohl kaum stärker als „The Insult“
Die Menschheit wächst und mit ihr wachsen die Probleme. Wie schön wäre da eine so simple Lösung wie im Eröffnungsfilm des Festivals Venedig zu betrachten: In „Downsizing“lassen sich Stars wie Matt Damon und Christoph Waltz auf nicht einmal 15 Zentimeter schrumpfen. Kleine Menschen sind für die Erde weniger schädlich.
Das ist der Gedanke von Regisseur Alexander Payne, dem mit „Downsizing“eine pointierte und humorvolle Satire auf die moderne Gesellschaft gelingt. In dem Streifen machen norwegische Forscher eine spektakuläre Entdeckung, die es ermöglicht, Lebewesen auf einen Bruchteil ihrer Größe zu schrumpfen. Das wird nicht nur als wichtiger Schritt im Kampf gegen Überbevölkerung gepriesen, sondern als Lösung einer ganzen Reihe von zivilisatorischen Problemen: Kleine Menschen verbrauchen weniger Ressourcen und produzieren weniger Müll. Auch Paul (Matt Damon) und seine Frau Audrey (Kristen Wiig) sind von der Idee fasziniert – allerdings nicht, weil sie die Umwelt schützen wollen. Wie andere Menschen, die sich für die Schrumpfung entscheiden, werden sie von egoistischen Motiven getrieben: Wer nur ein Haus, Kleidung und Schmuck im Mini-Format braucht, spart Geld und kann sich Luxus zum MiniPreis leisten: Wohnen wie im Schloss, das normal mehrere Millionen Dollar kosten würde.
Regisseur Payne belässt es nicht bei der Beobachtung von Pauls neuem Leben, zu dem bald noch Christoph Waltz als Nachbar mit krimineller Energie gehört. Wie schon in seinen Werken „The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten“und „Sideways“lenkt der Oscar-Preisträger den Blick auch auf die Schattenseiten: Wie kann man sich gegen Terroristen und Flüchtlinge schützen, die sich in einem kleinen Karton ins Land einschleusen lassen? Haben Kleine dasselbe Wahlrecht, auch wenn sie die Wirtschaft weniger ankurbeln? Und auf wessen Kosten geht das Luxusleben der neureichen Kleinen überhaupt?
Was als Komödie beginnt, wird schnell zu einem Drama und einer Gesellschaftssatire. Bei den Filmfestspielen setzt der Film trotz Längen und erzählerischer Schwächen einen ersten Glanzpunkt. Ob es für eine Auszeichnung reicht, wird sich am 9. September zeigen. Dagegen hat sich ein Drama aus dem Libanon am zweiten Festivaltag als starker Löwen-Favorit empfohlen: „The Insult“spielt im Beirut der Gegenwart, wo ein Streit zwischen Männern eskaliert und schwerwiegende, politische Auswirkungen mit sich zieht. Einer der Männer ist Libanese, der andere Palästinenser. Als sie ihren Konflikt über eine Lappalie nicht lösen können, landet der Fall vor Gericht und befeuert langjährige Ressentiments. Der Film wird zu einem erschütternden Abbild von Hass und Gewalt, für die Folgen von Trauer und Trauma – und im Kern zu einer Erklärung für viele religiöse und politische Spannungen unserer derzeitigen Welt. Regie führte Ziad Doueiri, der 1963 im Libanon geboren wurde.