Ein Huhn zur Miete
Im Garten und auf dem Balkon ist kein Platz fürs Federvieh – aber ein Ei von der eigenen Henne auf dem Frühstückstisch wäre trotzdem schön? In Regglisweiler ist das nun möglich
Die rund 150 Hühner auf der Wiese zwischen Regglisweiler und Wangen haben keine Scheu vor Menschen. Wer ihre Weide betritt, ist schon bald von den neugierigen Tieren umringt. Die Hennen sind Besucher gewöhnt. Nicht nur Lukas und Klaus Bosch, die sich um die Tiere kümmern, kommen regelmäßig vorbei – sondern auch deren viele Besitzer. Denn die Boschs haben sich einen ungewöhnlichen Vertriebsweg für ihre Eier einfallen lassen. Statt sie einzeln zu verkaufen, vermieten sie gleich das ganze Huhn.
Bisher läuft diese Geschäftsidee sehr gut. Klaus Bosch sagt: „Wir waren selbst ganz überrascht.“Im Mai haben Vater und Sohn mit der Legehennenhaltung angefangen, inzwischen sind alle Tiere vermietet. Die Hühner der Boschs leben in einem mobilen Stall. Tagsüber können sie diesen nach Belieben verlassen, im Gras picken und scharren oder sich im Sandbad fläzen.
Dass es zwischen der Nachfrage nach den mietbaren Hühnern und der Fipronil-Belastung von Eiern einen Zusammenhang gibt, will Bosch nicht ausschließen. Er und sein Sohn haben sich kürzlich dazu entschieden, das Geschäft zu vergrößern und einen zweiten mobilen Stall zu kaufen, in dem bis zu 280 Hennen Platz haben. Am 14. Oktober sollen die neuen Tiere kommen. Eier werden sie voraussichtlich erst ab Ende Oktober legen, wenn sie sich in ihrem neuen Wohnort eingewöhnt haben. Mietverträge können allerdings jetzt schon abgeschlossen werden.
Neun Euro kostet ein Miethuhn pro Monat. Darin inbegriffen sind Besuchsrecht, ein Platz im Hühnermobil, Futter, Wasser, medizinische Versorgung – und Schlachtkosten. Neben 360 Eiern pro Jahr bekommt der Mieter nach Ende der Vertragslaufzeit auch ein Suppenhuhn. Denn Klaus Bosch will keine romantisierte Vorstellung der Landwirtschaft verkaufen. Wenn die Legeleistung der Tiere nachlasse, werden sie geschlachtet. Anders könne keine rentable Produktion stattfinden. „Die meisten unserer Kunden haben ein realistisches Bild der Landwirtschaft“, sagt Bosch. Aber ob tatsächlich jeder neben den Eiern auch sein Suppenhuhn abholt, werde sich erst zeigen.
Klaus und Lukas Bosch sind keine Neulinge in der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Vater Klaus arbeitet im Landwirtschaftsamt des Alb-Donau-Kreises, Lukas Bosch absolviert nach seiner Ausbildung zum Landwirt gerade ein Studium als Agrartechniker. Außer den Legehennen gibt es bei der Familie Bosch noch eine kleine Putenmast mit rund 100 Tieren, Masthähnchen und etwa 100 Schafe.
Die Idee zur Hühnervermietung sei nach und nach entstanden. In seinem Beruf hat Klaus Bosch von ähnlichen Projekten gehört. Er findet es schade, dass sich die Verbraucher immer mehr von der Landwirtschaft entfremden. Sie über einen Mietvertrag, also dem eigenen Huhn, direkt an der Eierproduktion zu beteiligen, sei ein Lösungsansatz, die Leute mehr mit einzubeziehen.
Ihr erstes Hühnermobil haben die beiden Regglisweiler noch selbst gebaut. Ausgangsmaterial war der Kühlanhänger eines Lastwagens. Lukas Bosch erklärt: „Der hat schon eine Wärmedämmung.“Die sei im Winter wichtig, wenn der Stall mit der Körperwärme der Hühner sozusagen geheizt wird. In fast vier Monaten Arbeitszeit haben Vater und Sohn eine Tür, Fenster, Sitzstangen, Legenester, Geflügeltränken und alles, was die Tiere im Stall sonst noch brauchen, eingebaut. „Es sind ja unsere ersten Legehennen. Wir mussten noch viel nachforschen, schließlich muss doch alles funktionieren“, sagt Lukas Bosch.
In dem mobilen Stall sei auch viel Technik verbaut. Zum Beispiel gibt es künstliches Licht, das den Tieren Sommer wie Winter einen gleichbleibenden Tagesrhythmus vorspielt. Das sei vor allem in der dunklen Jahreszeit wichtig, weil die Tiere so lange im Schlafmodus auf ihrer Stange sitzen bleiben, bis es hell werde, erklärt Klaus Bosch.
Auch Fressen würden sie dann nicht, was mitunter gefährlich werden kann für die Tiere, die zum Eierlegen einen hohen Energieverbrauch haben. „Früher sind die Hühner dann manchmal wirklich verhungert und tot von der Stange gefallen.“
Wer ein Huhn bei den Boschs gemietet hat, kann seine Eier in dem kleinen Hofladen der Familie in Regglisweiler abholen.
Bei Vertragsabschluss bekommt der Mieter Gutscheine für jeweils zehn Eier, die er dort einlösen kann. Dabei vertraut die Familie Bosch ihren Kunden. Personal gibt es in dem Lädchen nicht. Die Eier können sich die Leute einfach aus dem Kühlschrank nehmen. Außerdem gibt es dort Nudeln, die die Boschs aus ihren Eiern produzieren lassen, Kartoffeln und Wurst. Preise stehen dabei, das Geld legen die Kunden in die blaue Kasse neben der Eingangstür. Schlechte Erfahrungen haben die Boschs mit diesem System bislang nicht gemacht.
Wer ein Huhn mieten möchte, findet Informationen dazu im Hofladen der Familie Bosch in Regglisweiler. Der Laden befindet sich gegenüber des Hofs der Grundschule.
Das Wort „Service“kommt vom lateinischen „servitium“, hat der Bücherwurm in der Schule gelernt. „Servitium“, das heißt „Dienst“oder auch „Sklavendienst“. In den 90er Jahren wurde der Negativbegriff „Servicewüste Deutschland“geprägt und beklagt, dass der Dienstleistungssektor im Land nicht in einer Weise ausgeprägt ist, dass er Kundenwünsche berücksichtige oder dem Kunden entgegenkomme. Japanische Reiseunternehmen sollen ihre Kunden angeblich sogar tatsächlich darauf vorbereiten, dass die Touristen beim Betreten von deutschem Boden eine Servicewüste betreten, las der Bücherwurm neulich.
Dabei kann Service einfach auch Freundlichkeit sein, gerade dann, wenn etwas nicht klappt wie jüngst, als sich der Bücherwurm Sandalen kaufte und die Kasse im Laden streikte. Mit dem Lächeln der Verkäuferin an der Kasse und einem netten Gespräch ließ sich die erzwungene Wartezeit angenehm überbrücken.
Doch dann öffnete der Bücherwurm heute Morgen seinen Brief vom Beitragsservice von und
der ihn nüchtern darauf hinwies, dass demnächst wieder die Rundfunkbeiträge fällig seien. Weil der Bücherwurm mangels Empfangsgerät das TV-Angebot nie nutzt, seinen Beitrag aber trotzdem bezahlt, suchte er danach, worin der Service für ihn bestehe. Das Schreiben gab ihm die Antwort: „Für die Überweisung haben wir ein Zahlungsformular für Sie vorbereitet.“
Die Eier können im Hofladen abgeholt werden