Pflügen zwischen Schlamm und Scholle
Nach Dauerregen gibt es in Kadeltshofen nur ein reduziertes Programm. Teilnehmer sind verständnisvoll
War das bitter. Seit neun Monaten hatten die Organisatoren der Pflügerrunde Schwaben das große Treffen der Schollenkünstler vorbereitet. Doch nach den starken Regenfällen der vergangenen Tage ging auf den Feldern am östlichen Ortsrand zunächst nichts mehr. So fiel der Bezirksentscheid im Leistungspflügen komplett aus, ebenso die geplante Schlepperparade und die Eröffnungsfeier. Erst am Sonntag ließen die Wetterverhältnisse noch einen Teil der Wettbewerbe zu, unter anderem den Landesentscheid. „Wenigstens noch ein versöhnlicher Ausklang“, resümierte Tobias Wöhrle, Mitglied des VeranstalterTeams.
Die fast drei Dutzend OldtimerPflüger aus vielen Ländern Europas, die am Samstag auf die StoppelfeldBearbeitung verzichten mussten, konnten gestern wenigstens noch zum Grasland-Pflügen ausrücken. „Bei absolut regulären Bedingungen“, wie Georg Schreiber als Hauptverantwortlicher für diese Konkurrenz feststellte. „Ohnehin die Königsdisziplin, weil die Teilnehmer hier ihr Können noch besser zeigen können“, fügte der wie alle seine Kollegen am Wochenende viel beschäftigte Kadeltshofener hinzu.
Am Samstag dagegen waren Teilnehmer wie Schiedsrichter zur Untätigkeit verurteilt. Schon am Vorabend nämlich, am Rande der „Pflügerparty“also, hatten sich die Beteiligten auf eine Absage aller Wettbewerbe verständigt. „Einvernehmlich“, wie einer der Verantwortlichen erklärte, „denn die Bodenverhältnisse ließen ein sauberes Pflügen schlichtweg nicht zu“. Was insbesondere die Oldtimer-Pflüger bedauerten, aber ungeachtet vielfach weiter Anreisen klaglos akzeptierten. Auch Sonja Jordan, Jüngste und eine von zwei Frauen im 34er-Feld. „Das ist richtig“, befand die 32-Jährige aus dem schleswig-holsteinischen AltDuvenstedt unweit von Rendsburg. „Wir wollen den Boden ja bearbeiten und nicht kaputt machen“.
Schade sei nur, dass ausgerechnet das Stoppelfeld-Pflügen ausfalle. „Das liegt mir besser als das Grasland“, so die ambitionierte HobbyPflügerin bei ihrer zweiten EM-Teilnahme. Sechste war sie nach eigenen Angaben beim ersten Mal und angereist sei sie mit dem Ziel, „möglichst weit nach vorne zu kommen“. Dafür trainiert die hauswirtschaftliche Betriebsleiterin fast an jedem Wochenende, wenn es die Boden- und Wetterverhältnisse zulassen. Mit einem geliehenen Traktor samt Pflug übrigens. Das sei gleichwohl nicht ganz billig, räumt die amtierende Landesmeisterin ein, „aber es macht viel Spaß“. Hinzukommt: „Mein Freund pflügt auch“, erzählt die Norddeutsche, „und ich komme ja aus einer Landwirtschaft“.
Was auch für ihren Konkurrenten Mercer Ward aus dem nordirischen Heldsborough gilt. „Meine drei Brüder sind noch Landwirte, aber ich bin lieber Architekt geworden“, erzählt der Hobby-Pflüger, der seit 20 Jahren bei den Europameisterschaften dabei und zwei Mal ganz vorne war, 2007 und 2015 nämlich. Er und seine vier Landsleute sind per Linienflug angereist, Traktoren und Pflüge kamen auf dem Tieflader, von Dublin nach Rotterdam mit einer Fähre.
Der belgische Supervisor Berti Vanmeer bedauerte die Absage am Samstag ein wenig. „Wir sind schon etwas enttäuscht“, ließ er für seine sechs Landsleute durchblicken, im Hinterkopf dabei wohl schon das nächste Jahr. Da sind die Belgier Ausrichter der Europameisterschaften. Mit Heimvorteil dann für Marc Schuurmanns aus der flandrischen Provinz Limburg. Auch er reagierte auf die Absage am Samstag gelassen. „Am Donnerstag konnten wir wenigstens noch üben, aber schon da war es nicht einfach“, urteilte er über die Bodenverhältnisse. „Und wir hatten ja einen schönen Ausflug“, freute er sich über das Rahmenprogramm am Freitag.
Da konnten sich die Teilnehmer bei einer Busfahrt ins Alpenvorland entspannen. Für die Pflüger-Gruppe ebenfalls ein besonderes Erlebnis: der Werksbesuch bei einem namhaften Traktorenhersteller in Marktoberdorf.