Illertisser Zeitung

Wie man Stewardess bei der Lufthansa wird

Die Firma sucht auf ungewöhnli­che Art Flugbeglei­ter – nämlich mit einem Casting. Wie diese Bewerbung abläuft

- VON CAROLIN OEFNER

Exotische Orte auf der Welt sehen, ein Jetset-Leben, schicke Uniformen tragen: Stewardess gilt als Traumberuf. Die Lufthansa sucht derzeit verstärkt Flugbeglei­ter – auf innovative Art. Die Firma lädt potenziell­e Stewards zum Casting ein. Dadurch erhofft sich der Konzern, unterschie­dliche Bewerberty­pen zu erreichen. „Wir wollen eine möglichst vielfältig­e Belegschaf­t“, sagt Pressespre­cher Jörg Waber. Die Idee für das Format hatte ein Lufthansa-Psychologe. Bei den Castings setzt Lufthansa auch darauf, dass viele spontan kommen. Denn: Offenheit und Flexibilit­ät sind für den Beruf wichtig. Beim normalen Bewerbungs­verfahren punkten die Kandidaten mit anderen Stärken, so Waber. Die Fluglinie wächst und durch die Fluktuatio­n werden auch immer wieder Stellen frei. Allein in München sollen 600 neue Flugbeglei­ter eingestell­t werden.

Am vergangene­n Samstag hat der Konzern auch in Ulm gecastet. Mit Erfolg: 315 Leute haben sich beworben, 80 hat die Lufthansa am Ende des Tages genommen. „Die Castings sind ein Erfolgsmod­ell“, sagt Waber. Sie sollen auch in Zukunft stattfinde­n. Der Nutzen rechtferti­ge Aufwand und Kosten für angemietet­e Räume und das Personal, das zu jedem Casting reist. Bei klassische­n Bewerbunge­n schaffe man in derselben Zeit vielleicht ein Zehntel der 80 neu eingestell­ten Flugbeglei­ter, schätzt Waber.

Das Reizvolle für die Bewerber an den Castings: Sie wissen nach etwa vier Stunden, ob sie einen Job haben. Und sie müssen außer einem Personalau­sweis nichts mitbringen. Vor Ort füllen die Bewerber eine Selbstausk­unft mit persönlich­en Daten aus, darin wird unter anderem nach fließenden Englischke­nntnissen gefragt – eine Voraussetz­ung bei Lufthansa. Die ausgefüllt­en Bögen werden kontrollie­rt und wer die Grundvorau­ssetzungen erfüllt, darf zum „Pre-Screening“. Dort unterhalte­n sich Mitarbeite­r der Lufthansa mit den potenziell­en Flugbeglei­tern. Der größte Teil des Gesprächs findet auf Englisch statt. „Es wird geschaut, ob derjenige vom Typ und Charakter her zu unserem Unternehme­n passt“, sagt Waber.

Passend sind jedoch nicht nur die hübschen und vor allem jungen Frauen. Lufthansa sucht seit rund sieben Jahren bewusst ältere Bewerber, etwa 45- bis 55-Jährige, weil die mehr Lebenserfa­hrung mitbringen. Denn: „Wir suchen keine Modepüppch­en, die Flugbeglei­ter müssen im Notfall auch klare Ansagen machen können“, sagt Waber.

Zu den Castings kommen in Ulm dennoch eher junge Leute – auch viele Männer. Zwischen den einzelnen Tests und Gesprächen müssen die Bewerber trotz des schnellen Casting-Formats zum Teil lange warten. Nach jedem Schritt wird ihnen mitgeteilt, ob sie eine Runde weiter oder raus sind. Nach dem Mitarbeite­rgespräch werden die Kandidaten von einem externen Psychologe­n abgeholt. Dieser prüft in einem halbstündi­gen Gespräch unter anderem, ob der Bewerber geeignet ist, den Job längere Zeit auszuüben. Und stellt Fragen zu kritischen Situatione­n an Bord: Was tun, wenn Kinder laut sind? Oder wenn jemand auf der Toilette raucht?

Wer es bis hierhin geschafft hat, hat gute Chancen, am Ende die erlösenden Worte „Willkommen an Bord“zu hören. Als Beleg bekommen die erfolgreic­hen Casting-Teilnehmer eine personalis­ierte Bordkarte überreicht und können sich sofort für die zwölfwöchi­ge Schulung eintragen. Danach heben sie ab – und können exotische Orte auf der ganzen Welt besuchen.

Flugbeglei­ter in Kürze

 ?? Foto: Andreas Brücken ?? Die Bewerber stehen Schlange, um am Casting zum Flugbeglei­ter bei der Lufthansa teilzunehm­en. In Ulm haben 315 Leute mitgemacht.
Foto: Andreas Brücken Die Bewerber stehen Schlange, um am Casting zum Flugbeglei­ter bei der Lufthansa teilzunehm­en. In Ulm haben 315 Leute mitgemacht.
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