Wie man Stewardess bei der Lufthansa wird
Die Firma sucht auf ungewöhnliche Art Flugbegleiter – nämlich mit einem Casting. Wie diese Bewerbung abläuft
Exotische Orte auf der Welt sehen, ein Jetset-Leben, schicke Uniformen tragen: Stewardess gilt als Traumberuf. Die Lufthansa sucht derzeit verstärkt Flugbegleiter – auf innovative Art. Die Firma lädt potenzielle Stewards zum Casting ein. Dadurch erhofft sich der Konzern, unterschiedliche Bewerbertypen zu erreichen. „Wir wollen eine möglichst vielfältige Belegschaft“, sagt Pressesprecher Jörg Waber. Die Idee für das Format hatte ein Lufthansa-Psychologe. Bei den Castings setzt Lufthansa auch darauf, dass viele spontan kommen. Denn: Offenheit und Flexibilität sind für den Beruf wichtig. Beim normalen Bewerbungsverfahren punkten die Kandidaten mit anderen Stärken, so Waber. Die Fluglinie wächst und durch die Fluktuation werden auch immer wieder Stellen frei. Allein in München sollen 600 neue Flugbegleiter eingestellt werden.
Am vergangenen Samstag hat der Konzern auch in Ulm gecastet. Mit Erfolg: 315 Leute haben sich beworben, 80 hat die Lufthansa am Ende des Tages genommen. „Die Castings sind ein Erfolgsmodell“, sagt Waber. Sie sollen auch in Zukunft stattfinden. Der Nutzen rechtfertige Aufwand und Kosten für angemietete Räume und das Personal, das zu jedem Casting reist. Bei klassischen Bewerbungen schaffe man in derselben Zeit vielleicht ein Zehntel der 80 neu eingestellten Flugbegleiter, schätzt Waber.
Das Reizvolle für die Bewerber an den Castings: Sie wissen nach etwa vier Stunden, ob sie einen Job haben. Und sie müssen außer einem Personalausweis nichts mitbringen. Vor Ort füllen die Bewerber eine Selbstauskunft mit persönlichen Daten aus, darin wird unter anderem nach fließenden Englischkenntnissen gefragt – eine Voraussetzung bei Lufthansa. Die ausgefüllten Bögen werden kontrolliert und wer die Grundvoraussetzungen erfüllt, darf zum „Pre-Screening“. Dort unterhalten sich Mitarbeiter der Lufthansa mit den potenziellen Flugbegleitern. Der größte Teil des Gesprächs findet auf Englisch statt. „Es wird geschaut, ob derjenige vom Typ und Charakter her zu unserem Unternehmen passt“, sagt Waber.
Passend sind jedoch nicht nur die hübschen und vor allem jungen Frauen. Lufthansa sucht seit rund sieben Jahren bewusst ältere Bewerber, etwa 45- bis 55-Jährige, weil die mehr Lebenserfahrung mitbringen. Denn: „Wir suchen keine Modepüppchen, die Flugbegleiter müssen im Notfall auch klare Ansagen machen können“, sagt Waber.
Zu den Castings kommen in Ulm dennoch eher junge Leute – auch viele Männer. Zwischen den einzelnen Tests und Gesprächen müssen die Bewerber trotz des schnellen Casting-Formats zum Teil lange warten. Nach jedem Schritt wird ihnen mitgeteilt, ob sie eine Runde weiter oder raus sind. Nach dem Mitarbeitergespräch werden die Kandidaten von einem externen Psychologen abgeholt. Dieser prüft in einem halbstündigen Gespräch unter anderem, ob der Bewerber geeignet ist, den Job längere Zeit auszuüben. Und stellt Fragen zu kritischen Situationen an Bord: Was tun, wenn Kinder laut sind? Oder wenn jemand auf der Toilette raucht?
Wer es bis hierhin geschafft hat, hat gute Chancen, am Ende die erlösenden Worte „Willkommen an Bord“zu hören. Als Beleg bekommen die erfolgreichen Casting-Teilnehmer eine personalisierte Bordkarte überreicht und können sich sofort für die zwölfwöchige Schulung eintragen. Danach heben sie ab – und können exotische Orte auf der ganzen Welt besuchen.
Flugbegleiter in Kürze