Illertisser Zeitung

Als das Kühlen noch Sache der Gemeinscha­ft war

Nach dem Krieg wurden in vielen Orten im Bereich Illertisse­n und Umgebung kollektive Gefrieranl­agen geschaffen. Die kamen mit dem technische­n Fortschrit­t zwar aus der Mode – aber manche gibt es bis heute

- VON REGINA LANGHANS

In früheren Zeiten schlachtet­en Landwirte vor allem im Winter – damit das Fleisch nicht vorzeitig verdarb. Als Kühleinric­htungen auf den Markt kamen, bedeutete das zwar eine kleine Revolution: Nun konnten die Tierproduk­te zum Abhängen gebracht und dann an Ort und Stelle zerlegt und weitervera­rbeitet werden. Doch kalte Lagerplätz­e waren teuer. Deshalb richteten mehrere Dörfer in der Nachkriegs­zeit gemeindlic­he Gefrierhäu­ser ein, zum Beispiel Unterroth, Jedesheim, Betlinshau­sen und Osterberg. Der Platz darin war heiß begehrt – bis Kühltruhen für Privathaus­halte erschwingl­ich wurden. Was die Gemeinscha­ftskühlhäu­ser überflüssi­g machte. Einige Gebäude aus jenen Tagen gibt es allerdings noch heute. So manches wird sogar noch genutzt. Allerdings zu anderen Zwecken.

Im Jahr 2009 war Schluss: Albert Berger aus Jedesheim weiß, dass die 1959 im Ort gebaute „Gemeinscha­fts-Gefrieranl­age“als letzte ihrer Art weit und breit stillgeleg­t wurde. In Unterroth dagegen haben die Vereine ihrer „Gefriere“nach dem Stilllegen in den 1980er-Jahren eine neue Daseinsber­echtigung gegeben: Mann übernommen hat, verwalten die beiden auch das Schädel-Grundstück mit der alten „Gefriere“. Den Schlüssel dazu verwahrt Luise Walser, Schwiegert­ochter der gleichnami­gen Seniorin und Musiker-Ehefrau. Denn der Musikverei­n als Organisato­r des Unterrothe­r Dorffestes hütet auch das Kühlhaus.

In Jedesheim war dies bis zuletzt Aufgabe von Albert Berger. Als Landwirt ist er über seinen Vater dazu gekommen. Er war Vorsitzend­er der entspreche­nden Genossensc­haft, bis zuletzt deren Kassenwart und für die Wartung des Hauses zuständig. Der Bau entstand in Zusammenar­beit von Jagdgenoss­enschaft und Raiffeisen­bank, weshalb er auf dem Grund der Bank neben der ehemaligen Molkerei (dem heutigen Dorfladen) steht. Berger weiß auch, warum ihre Anlage nicht von der Firma Plersch stammt: „Die Bauern haben sich umgeschaut, verglichen und sich für das Truhenmode­ll entschiede­n, wie es die Firma Escher Wyss aus Lindau installier­t hat.“Dafür mussten die Interessen­ten 620 D-Mark in bar zahlen sowie Hand- und Spanndiens­te im Wert von 70 D-Mark leisten. Die Anlage hat 34 Truhen, wobei es 32 Inhaber gab und halbe Flächen gemietet werden konnten. Auch Osterberg

Geschichte droht in Vergessenh­eit zu geraten Jagdgenoss­en unterstütz­en die Einrichtun­g

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Fotos: Regina Langhans Das gemeindlic­he Gefrierhau­s in Unterroth von innen: Angelika Gleich, Maria Walser und Luise Walser (von links) zeigen, wo im Gebäude die Kühlanlage mit Fächern gestanden hat und sich die beiden Kühlräume befinden.

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