Wer zahlt für welche Straße?
Der Markt Babenhausen soll eine neue Satzung erlassen. Warum diese notwendig ist und was das für die Bürger bedeutet
Das lange und komplizierte Wort „Straßenausbaubeitragssatzung“ist derzeit ein aktuelles Thema in Babenhausen. Denn der Fuggermarkt soll nun eine solche Satzung erlassen – das ist eine Auflage des Landratsamtes. 72,6 Prozent der Gemeinden in Bayern verfügen bereits über eine Straßenausbaubeitragssatzung, kurz „Strabs“genannt. Babenhausen ist also bisher eine Ausnahme von wenigen im Freistaat.
Einer, der sich mit dem „unbeliebten Thema“auskennt, ist der Verwaltungswirt Jürgen Raab. Seit etwa 16 Jahren beschäftigt er sich mit den „Strabs“und war nun extra aus Königsbrunn (Landkreis Augsburg) nach Babenhausen zu einem Vortrag im Rössle-Saal angereist. „Die anderen Gemeinden müssen nachziehen“, sagte Raab bei der Veranstaltung in Babenhausen, die aus aktuellem Anlass stattfand: „Da das Landratsamt unseren Haushaltsplan 2017 nur mit der Auflage genehmigt hat, dass wir in nächster Zeit eine solche Satzung erstellen, die die Anlieger an den Kosten von Straßensanierungen beteiligt, sind wir in Zugzwang“, sagte Ilona Kel- ler, Fraktionssprecherin der Freien Wähler, die diesen Abend geplant hatten. Während sich die Anzahl der Bürger aus Babenhausen in Grenzen hielt, hatten sich Interessierte aus Buxheim und Senden zu dieser, über das Bildungswerk für Kommunalpolitik in Bayern, organisierten Veranstaltung eingefunden.
„Der Babenhauser Marktrat braucht Grundlagen, auf denen er eine solche Satzung erarbeiten und aufbauen sowie künftige Entscheidungen begründen kann“, sagte Keller. Derzeit gebe es im Fuggermarkt viele sanierungsbedürftige Straßen, informierte Bürgermeister Otto Göppel. Aufgrund der hohen Investitionen, die für die Sanierung des Schulzentrums angefallen sind, sei derzeit nur wenig Geld für solche Maßnahmen vorhanden. „Nicht nur Babenhausen, sondern auch einige andere Gemeinden aus der Verwaltungsgemeinschaft, darunter das finanziell gut gestellte Oberschönegg, sind im Zuge der Etat-Genehmigung vom Landratsamt darauf hingewiesen worden, in den nächsten Jahren Straßenausbaubeitragssatzungen zu erstellen“, sagte Göppel.
In einem gut zweistündigen Vortrag erläuterte der Verwaltungswirt Raab warum Gemeinden verpflich- tet sind, Satzungen zu erlassen sowie von den Bürgern beispielsweise Gebühren zu verlangen. Mithilfe eines Films veranschaulichte er, wie sich Straßenausbaubeitragssatzungen in den vergangenen Jahren immer wieder als „Zankapfel“erwiesen haben, der viele Haus- und Grundbesitzer im gesamten bayerischen Raum bis über die Grenzen ihrer finanziellen Belastbarkeit hinausgebracht habe. „Das Problem ist brennend!“, verdeutlichte Raab.
Wie in der bayerischen Gemeindeordnung festgelegt ist, dürften Gemeinden den Ausbau von Straßen nicht über die Grundsteuer finanzieren, erklärte der Referent. Nach den Grundsätzen Verhältnismäßigkeit, Erforderlichkeit sowie Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit könne die Kommune aber wählen, ob sie ihre Bürger für die Herstellung, Erneuerung oder Verbesserung von Anlieger-, Hauptverkehrs- oder Haupterschließungsstraßen zur Kasse bitte. Entweder über einmalige oder wiederkehrende Beiträge.
Der Unterschied: Bei der Abrechnung über einmalige Beiträge werden die Gesamtkosten nach Abzug des gemeindlichen Anteils nach der jeweiligen Grundstücksfläche und Geschossform berechnet und auf die Anwohner umgelegt. Eine Abrechnung über wiederkehrende Beiträge bedeute eine Verteilung der Kosten auf alle Bürger.
„Man kann nicht raus aus der Schiene. Aber Straßenbau ist finanzierund kalkulierbar“, resümierte der Verwaltungsfachwirt. Jede Gemeinde könne prüfen, welche Form der Beiträge sie wähle. „Ihr habt das Glück, euch die richtige Satzung auszusuchen sowie Zeit, die für euch passende Variante zu prüfen“, sagte der Referent. Dabei sollten auch die Bürger einbezogen werden.