Hart am Wind
SPD-Vize Ralf Stegner hat auf dem zugigen Petrusplatz manch steifer Brise getrotzt
Steife Brisen ist Ralf Stegner gewohnt – nicht nur als Landesvorsitzender der SPD SchleswigHolstein, sondern auch als stellvertretender Bundes-Vorsitzender und inoffizieller Chef der „Klartext“-Fraktion seiner Partei. Und so konnte ihm der zeitweilig stramme Wind vor Kurzem auf dem Petrusplatz, der auch mal seinen Notizzettel wegblies, wenig anhaben. Zugleich wehte auch ein Hauch von Feststimmung durch die gut gefüllten Reihen der Biertischgarnituren, denn der Mann aus dem Norden ist immer wieder gut für einen starken Spruch, weshalb die Genossen teilweise so laut und begeistert applaudierten wie bei einer Bierzeltrede.
In einem gut halbstündigen Rundumschlag durch das Regierungsprogramm seiner Partei erklärte der Vize-Vorsitzende seinen Zuhörerinnen und Zuhörern, warum er findet, dass es Deutschland zwar gut gehe, aber doch noch einiges zu verbessern sei, nicht zuletzt im Sozialbereich. Der sei beim TVDuell vor Kurzem zugunsten vermeintlich populärer Themen weitgehend ausgespart worden: „Doch die Menschen machen sich nicht Sorgen wegen des Islam, sondern darüber, ob die Rente reicht.“In der Großen Koalition habe die SPD die größten Leistungen erbracht, deshalb habe Kanzlerin Angela Merkel „jeden Tag eine Kerze ins Fenster gestellt, dafür, dass die SPD noch da ist – und nicht nur der Seehofer.“
Stegner machte sich für eine bessere Bezahlung von Arbeitern und Angestellten stark. Es könne nicht sein, dass ein Manager 500 Mal mehr verdiene als ein Mitarbeiter. Ein vernünftiges Einkommen sei aber entscheidend, um eine auskömmliche Rente zu erhalten. Was die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen angeht, versprach er: „Das werden wir ändern.“
Zum großen Thema Gerechtigkeit gehört für ihn auch die Bildung, denn immer noch bestimme die soziale Herkunft den weiteren Lebensweg. Er wirft den Unionsparteien vor, die Chancengleichheit zu behindern. Wörtlich sagte Stegner: „Wer CSU wählt, tut was gegen gute Bildung.“Deshalb müsse das Kooperationsverbot weg. Das besagt, dass der Bund sich nicht in die Bildungspolitik der Länder einmischen darf, auch nicht durch finanzielle Zuwendungen. Seine Partei verspreche eine bestmögliche Bildung für alle, deshalb müsse der Bildungsweg von der Krippe bis zum Studium oder zum Meisterbrief kostenfrei sein. Zum großen Komplex der Kosten gehört auch das Thema Gesundheit. Hier fordert die SPD eine Bürgerversicherung für alle, in die Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen ihre Beiträge entrichten. Dann würden auch wieder der Zahnersatz und die Brille bezahlt.
Was die Steuern betrifft, so hält Stegners Partei nichts von einer Abgabensenkung, sie will vielmehr investieren, denn: „Was nützt die schwarze Null, wenn die Infrastruktur marode ist.“Das Unions-Steuerkonzept werde nur diejenigen noch mehr entlasten, die ohnehin schon viel haben. Apropos schwarz: Das einzige Schwarze an diesem Auftritt war eine Abordnung der Schornsteinfegergewerkschaft. Deren Vertreter ließen sich bereitwillig anfassen, weil das ja Glück bringen soll, offenbar auch im Wahlkampf.