Verdreckt Gülle unser Grundwasser?
Wenn auf den Äckern gedüngt wird, sickert Nitrat in den Boden. Das ist in vielen Gegenden ein Problem. Wie es in der Region aussieht
Wasser aus der Leitung kann man in Deutschland ohne Bedenken trinken. Damit das auch so bleibt, muss die Qualität regelmäßig überprüft – und bei Unstimmigkeiten rechtzeitig gehandelt werden. Versorgungsunternehmen bereiten Wasser aus Flüssen und dem Untergrund so auf, dass es als sauberes Trinkwasser aus dem Hahn fließt.
Doch das kann nicht mehr lange funktionieren, glaubt man Vertretern des Bundesverbands der Energieund Wasserwirtschaft (BDEW). Sie haben eine Petition gestartet, die einen Dünge-Stopp in belasteten Gebieten fordert. Wegen der hohen Nitratwerte gebe es Schwierigkeiten, das Wasser aufzubereiten. Den Grund hat der Verband schnell ausgemacht: zu viel Gülle auf den Feldern – und zwar in weiten Teilen Deutschlands. Die Folge laut BDEW: steigende Kosten für die Verbraucher. Eine große Tageszeitung hat deswegen Alarm geschlagen – und auch den Landkreis Neu-Ulm in einer Grafik mit einem Nitratanteil weit über dem zulässigen Grenzwert gekennzeichnet. Und hat damit für Irritationen bei regionalen Behörden gesorgt.
Ist die Aufregung berechtigt? Stephanie Kurz vom öffentlichen Gesundheitsdienst des Landkreises Neu-Ulm verneint das vehement. Sie versteht die ganze Aufregung nicht. „Im Landkreis ist Nitrat überhaupt kein Thema“, sagt die stellvertretende Leiterin des Gesundheitsdiensts. Nach der gesetzlich vorgegebenen Trinkwasserverordnung kontrolliert die Behörde das Wasser regelmäßig auf viele Schadstoffe. Die meisten Bürger werden demnach von 24 großen Anlagen im Kreis mit Wasser versorgt – bei denen es keine Auffälligkeit gab. Unter insgesamt 117 kleineren Anlagen traten zwei erhöhte Werte zutage. „Das sind also absolute Ausnahmefälle“, sagt Kurz. Und fasst zusammen: „Wir können diese Besorgnis nicht teilen.“
Auch beim Wasserversorger Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) hält sich die Aufregung in Grenzen. Im Stadtgebiet Ulm und Neu-Ulm „bleibt der Nitratgehalt deutlich unter dem Grenzwert“, sagt Sprecher Bernd Jünke. Der Wert sei seit Jahren ungefähr gleich geblieben. „Wir haben keine Probleme.“
Das bestätigt Gerhard Wieser vom Fachbereich Wasserrecht am Landratsamt. Im Illertal sei der Nitratgehalt weitgehend unter 20 Milligramm pro Liter. Der offizielle Grenzwert liegt bei 50 Milligramm. Die Zahlen seien wegen der vielen Wasserschutzgebiete gut, die nicht gedüngt werden. Außerdem gebe es durch Iller und Donau ohnehin viel Wasser.
Ein wenig ernster sieht die Lage im östlichen Teil des Landkreises aus, etwa in Roggenburg. Auch da liegt die Nitratbelastung unter dem Grenzwert, nähert sich diesem jedoch. „Wir sind dabei, die Ursachen zu erforschen“, sagt Wieser. Um wieder einen „Sicherheitsabstand“herzustellen, wie Wieser es nennt, könnte ein größeres Wasserschutzgebiet gebildet werden. In dessen Kernzone dürfte dann nicht mit Gülle gedüngt werden.
Eine Ursache könnte auch bei den Brunnen liegen. Diese bestehen aus einem Rohr, das tief in die Erde geht. Auf Höhe des Grundwassers hat es seitliche Schlitze, damit das Wasser über das Rohr nach oben gepumpt werden kann. Manchmal, so Wieser, läuft jedoch Regenwasser gemischt mit Gülle direkt außen am Rohr hinunter Richtung Grundwasser. Deswegen ist die Fläche rund ums Rohr eigentlich abgedichtet, doch da könnte es auch mal passieren, dass ein Loch drin ist.
Im Landkreis seien die Bedingun- gen jedoch generell gut. Der Boden biete geeignete geologische Strukturen. Das heißt, er wirkt wie ein Filter für die Gülle. Das Nitrat sickert also nur langsam durch die Schichten und kommt entsprechend gering im Grundwasser an. Anders sei das etwa in Franken, wo die Gülle sofort durch die Böden dringe. Oder in Niedersachsen, wo durch die verbreitete Massentierhaltung entsprechende Gülle-Mengen anfallen.
Doch es ist nicht alleine die Natur, die den Landkreis so dastehen lässt. „Die Landwirte sind sich bewusst, dass das Wasser sauber sein muss“, sagt Andreas Wöhrle, NeuUlmer Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands. Der Pfaffenhofer Landwirt erklärt, dass man so wenig wie möglich dünge.
Bauern nutzen andere Methoden
Die Bauern nutzen andere Methoden: Sie wechseln die Bepflanzung auf den Äckern, etwa von Wintergerste auf Zwischenfrucht. So brauche der Boden weniger Dünger. Wenn der Untergrund bewurzelt sei, werde die Gülle außerdem weniger weggeschwemmt. In solchen Fällen landen die Stoffe sonst schnell direkt in einem Fluss – und nicht im filterfähigen Boden. „Wir düngen gezielt“, sagt Wöhrle. Denn zu viel sei nicht nur schlecht für die Natur, sondern auch teuer. In den Wasserschutzgebieten werden zudem jährlich Proben gezogen, so könne man im Bedarfsfall schnell reagieren.
Jeder kann übrigens selbst nachsehen, wie es um die Nitratbelastung aussieht. Die meisten Gemeinden veröffentlichen die Trinkwasserwerte. Das Wasserwirtschaftsamt in Donauwörth empfiehlt zudem den Umweltatlas Bayern. Dort sind etwa gemessene Daten zum Boden und zu Gewässern hinterlegt.