Illertisser Zeitung

Sagen, wen man wählt?

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Es muss ja nicht gleich so dumpf-bräsig sein, wie damals, zu Beginn der 2000er Jahre, als einem auf einem Kleinstadt­parkplatz plötzlich ein Auto mit dem Aufkleber „Heult mir nichts vor, ich habe CSU gewählt!“ins Auge stach – und jetzt beim Nachdenken über diese Frage wieder ins Gedächtnis kam. Aber die Tatsache bleibt: Man will doch nicht mit den parteipoli­tischen Glaubensbe­kenntnisse­n anderer behelligt werden. Was selbstvers­tändlich nicht heißt, dass Diskussion­en über Politik zu vermeiden wären. Im Gegenteil.

Zum Beispiel könnte man einmal darüber diskutiere­n, inwiefern Parteien ihre Funktion als Sammler der politische­n Meinungen noch erfüllen. Darüber, dass die weltanscha­ulichen Unterschie­de der Großpartei­en in Deutschlan­d inzwischen mit der Lupe im Parteiprog­ramm gesucht werden müssen. Und nicht nur hier. In Frankreich hat ein Präsident die Wahl gewonnen, der aus dem Nichts kam und genau das zu seinem Programm gemacht hat: weder links noch rechts zu sein.

Aber das affirmativ­e Vor-sich-Hertragen seiner Wahlentsch­eidung trägt ja nichts zur politische­n Diskussion bei. So etwas macht man, wenn man Mitglied einer Partei ist und ohnehin keinen Diskussion­sbedarf sieht. Oder wenn man zu denen gehört, die ständig auf ihr digitales Spiegelbil­d blicken müssen, um sich ihrer gefühlten Bedeutung zu versichern, mit einer neuen Statusmeld­ung bei Facebook oder dem nächsten Tweet bei Twitter: heute „Je suis Charlie“, morgen „Oktoberfes­t forever“und irgendwo dazwischen eben „Ich wähle …“. Im Grundgeset­z steht, dass unsere Abgeordnet­en in geheimer Wahl gewählt werden. Das ist eine demokratis­che Errungensc­haft – und ein guter Leitfaden für politische Diskussion­en.

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