Er hält die Vereinsfäden in der Hand
Manfred Lingens ist der Vorsitzende des Vereins „Bürger unterstützen Senioren“. Im Gespräch mit unserer Zeitung erzählt er, wie sich die Gruppe seit der Gründung entwickelt hat und welche Ziele sie noch erreichen möchte
Der Verein „Bürger unterstützten Senioren“(BuS) hat sich seit der Gründung im Jahr 2013 zu einer unentbehrlichen Institution in der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Babenhausen etabliert. Manfred Lingens war als Vorsitzender der ersten Stunde maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt. Herr Lingens, dabei sind Sie ja gar kein Unterallgäuer, sondern erst 2010 von Aschaffenburg nach Babenhausen gezogen ...
Da die Zwillingsschwester meiner Frau im Fuggermarkt lebt und wir diese Gegend mit dem angrenzenden Allgäu lieben, haben wir hier schon oftmals Urlaub gemacht. Deshalb haben wir uns entschieden, unseren Lebensabend in Babenhausen zu verbringen.
Für Ihr soziales Engagement haben Sie unzählige Auszeichnungen erhalten, darunter den Heilig-Grab-Orden St. Peter und Paul und den MaltesterOrden. Wie kommen Sie dazu?
Die Motivation, sich für andere zu engagieren, habe ich von meiner Mutter. Sie war Baronin Ostman von der Leye in Osnabrück und hat sich Zeit ihres Lebens für Schwächere eingesetzt. Auch für mich ist dieses Engagement ganz selbstverständlich. Deshalb bin ich seit mehr als einem Jahr auch der gewählte Sprecher der bestehenden Nachbarschaftshilfen im Unterallgäu.
Wie kam es zur Gründung des Vereins „Bürger unterstützen Senioren?“
Die Idee stammt unter anderem von Hubert Plepla, dem einstigen Leiter des Kreisseniorenwohnheims St. Andreas, der jetzt das seniorenpolitische Gesamtkonzept im Unterallgäu koordiniert. Nachdem er sein Konzept den in Babenhausen humanitär tätigen Vereinen am runden Tisch vorgestellt hat, haben sich diese dafür entschieden. Nach dem positiven Ergebnis einer Umfrage, haben wir BuS am 11. April 2013 gegründet. Unterstützung erhielten wir vom Markt Babenhausen und vom Landratsamt sowie dem Kolping-Bildungswerk Memmingen.
Sie haben sich damals bereit erklärt, den Vorsitz zu übernehmen und üben dieses Amt bis heute mit vollem Einsatz aus. Wie hat sich die Mitgliederzahl entwickelt?
Nachdem gleich nach der Gründung bei einer Informationsversammlung im Rössle spontan 100 Anwesende beigetreten sind, bewegt sich die Mitgliederzahl mittlerweile auf die 300er-Marke zu. Darunter sind nicht nur Senioren, die die Dienste von BuS jetzt oder zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch nehmen wollen, sondern auch viele jüngere Bürger aus der VG. Besonders freue ich mich, dass unsere Helfer den Kontakt zu den älteren Leuten als bereichernd empfinden und mittlerweile viele Freundschaften entstanden sind.
Wie arbeitet der Verein „Bürger unterstützen Senioren“?
BuS ist ein Projekt, das mithilfe von Freiwilligen eine Nachbarschaftshilfe in den Gemeinden aufbaut. Diese soll dazu beitragen, dass hilfsbedürftige Menschen so lange wie möglich in ihren eigenen Gebäuden und so in der vertrauten Umgebung bleiben können. Unsere derzeit 21 Helfer sind regelmäßig in 33 Haushalten in Babenhausen, Kettershausen, Kirchhaslach, Egg, Oberschönegg und Winterrieden im Einsatz. Ziel ist es, den Senioren durch Unterstützung bis ins höchste Alter Lebensqualität zu bieten. Die Leistungen von BuS reichen von regelmäßigen Besuchen, Hilfen bei Haus-, Aufräum- und Gartenarbeiten sowie bei der Bearbeitung von Post und Formularen, Grabpflege, Fahrten zu Ärzten, Behörden und Einkäufen bis zum Vorlesen oder Spielen. Inbegriffen sind auch Begleitung bei Spaziergängen, Ausflügen und Veranstaltungen sowie die Betreuung bei Krankheit, aber keine pflegerischen Maßnahmen.
Wie rechnet der Verein die Leistungen ab?
Eine Helferstunde kostet derzeit acht Euro. Während der ehrenamtliche BuS-Mitarbeiter sechs Euro erhält, fließen zwei Euro in das Vereinsvermögen. Davon werden laufende Unkosten wie zum Beispiel Haftpflicht, Versicherungen sowie Auslagen für Verwaltung und Porto beglichen. Bis zu einem Höchstbetrag von 2400 Euro jährlich erhalten Helfer die Aufwandsentschädigung steuer- und sozialversicherungsfrei ausbezahlt. Natürlich werden bei notwendigen Fahrten mit dem eigenen Auto auch Fahrkosten erstattet.
Wie werden die Mitglieder zu den Senioren, die Hilfe benötigen, eingeteilt?
Wenn jemand Hilfe braucht, prüfen wir genau, welcher unserer Ehrenamtlichen zu welchem Senior passt. Dies ermittelt ein Vorstandsmitglied mit der Helferin vorab bei einem Besuch. Auf alle Fälle muss die Chemie zwischen dem Hilfsbedürftigen und dem BuS-Mitarbeiter stimmen. Natürlich unterliegen die Mitglieder bei ihrer Arbeit der Schweigepflicht.
Wie werden ehrenamtlich Tätige, Senioren und deren Angehörige von BuS beraten?
Für nähere Informationen und Fragen sowie Beratungen stehen wir bei unseren regelmäßigen Sprechstunden, die jeweils am ersten und dritten Mittwoch des Monats im Jochum-Zimmer im Gasthaus Rössle stattfinden, zur Verfügung.
Wie hat sich der Verein seit seiner Gründung entwickelt?
Ich freue mich, dass unser Vorstandsteam aus sehr engagierten Mitgliedern besteht, auf die ich mich voll verlassen kann. Entsprechend dem bewährten BuS-Modell wurden im Unterallgäu bereits zwölf ähnliche Vereine gegründet. Im Jahr 2015 haben wir den Förderpreis für Senioren-Projekte im Landkreis Unterallgäu erhalten. Nach Schulung von sechs ehrenamtlichen Helfern zu Demenzbegleitern haben wir zum 1. April 2017 die landesrechtliche Anerkennung als „niederschwelliges Betreuungsangebot“erhalten. Für die Pflegebedürftigen bedeutet dies, dass sie die von unseren Mitarbeitern geleisteten Stunden bei Vorliegen einer Pflegestufe über die Krankenkasse abrechnen können. Bei Pflegestufe 1 werden zum Beispiel bis zu 125 Euro pro Monat von der Krankenkasse erstattet.
Welche zusätzlichen Angebote bietet BuS für Senioren sowie die ehrenamtlichen Helfer?
Jeweils am letzten Montag des Monats laden wir Senioren in der Zeit von 15 bis 17 Uhr zu einem geselligen Treffen ins Café Rosa ein. Auf dem Programm stehen Unterhaltung und Spiele. Außerdem findet an jedem ersten Mittwoch des Monats im Roten Saal des Gasthauses Rössle unsere Literaturstunde statt. In der Zeit von 14 bis 15 Uhr liest und erzählt Schauspieler Fred Strittmatter aus Werken unterschiedlicher Autoren. Damit alleinstehende ältere Mitbürger den Heiligen Abend nicht allein verbringen müssen, veranstalten wir für sie ein festliches Abendessen mit Musik. Die Kosten übernimmt der Verein. Für unsere Helfer organisieren wir regelmäßig Weiterbildungen.
Welche Ziele strebt BuS noch an?
Unser großes Ziel ist der Zusammenschluss aller bestehenden und künftigen Initiativen zur Nachbarschaftshilfe im Landkreis Unterallgäu und der Stadt Memmingen. Dies könnte zum Beispiel durch Aufbau einer Interessensgemeinschaft der bestehenden Nachbarschaftshilfen über das Netzwerk Altenhilfe und seelische Gesundheit sowie eine Kooperation mit der Freiwilligenagentur Schaffenslust erfolgen. Durch eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit und Fortbildungen der Mitarbeiter, den Aufbau eines identischen Formularwesens, ein gemeinsames Schulungswesen, eine einheitliche Anlaufstelle für Kommunen und Vergünstigungen bei Versicherungen können nicht nur Kosten eingespart, sondern auch verschiedene Erfahrungen eingebracht werden.