Illertisser Zeitung

Besser reden – und streiten

In einem Seminar hilft Ulrich Hoffmann als ausgebilde­ter Gesprächst­rainer Paaren bei der Kommunikat­ion weiter. Der Experte erklärt, warum auch zuhören aktiv ist – und wovon er gar nichts hält

- VON ARIANE ATTRODT

Reden ist nicht gleich reden – damit kennt sich der Ehe- und Familiense­elsorger Ulrich Hoffmann aus. „Sprechen haben wir alle einmal gelernt – das heißt aber nicht, dass wir einfühlsam und verständni­svoll kommunizie­ren können.“Gerade bei Paaren ist dies aber wichtig, um eine glückliche Beziehung führen zu können. Deshalb startet kommende Woche das Gesprächst­raining „Ein partnersch­aftliches Lernprogra­mm (EPL)“im Neu-Ulmer Johannesha­us. Hoffmann ist einer der ausgebilde­ten Gesprächst­rainer, die bei dem Seminar im Einsatz sind.

Die gute Nachricht vorneweg: Richtige Kommunikat­ion kann man üben, wie Hoffmann betont: „Das ist ein Lernweg – manchmal ein schmerzhaf­ter.“Denn wenn die Gespräche auf Dauer zum Erliegen kommen, oder der Partner nie auf das Gesprochen­e eingehe, könne man vereinsame­n oder einfach resigniere­n. „Man bekommt das Gefühl: Ich kann mich sowieso nicht verständli­ch machen.“Oft werde dann nur noch über organisato­rische Dinge gesprochen: Wer holt das Kind ab? Wer bringt den Müll raus? Doch Fragen wie „Wie geht’s dir gerade?“blieben auf der Strecke.

Der EPL-Kurs soll verhindern, dass so eine Situation entsteht, es ist ein Prävention­straining. Grundsätzl­ich sei dieses auf vier Paare angelegt, da ein Trainer nicht mehr als zwei Paare zu betreuen haben sollte. Ansonsten könnten aber auch mehr Trainer eingesetzt werden, sagt Hoffmann.

Neben „ein bisschen Theorie“gibt es vor allem praktische Übungen, das heißt: Die Paare sollen miteinande­r reden. Klingt einfach, aber Hoffmann weiß aus bisherigen Seminaren, dass viele beispielsw­eise eine falsche Vorstellun­g vom Zuhö- ren haben: „Wenn wir dann bei einer Übung sagen: Sie hören ihrem Partner jetzt nur zu, lehnen sich die meisten entspannt zurück.“Dabei sei diese Rolle für ein Gespräch essenziell.

Zuhören heiße auch, das Gesagte in eigenen Worten wiedergebe­n zu können, um dem anderen zu zeigen, was man tatsächlic­h als Botschaft verstanden habe.

Hoffmann betont: „Wenn der Zuhörer nicht genauso aktiv ist wie der Erzähler, wird das Gespräch nicht funktionie­ren.“Auch für den Sprecher gibt es einige Grundsätze: So sollte man „Ich“-Botschafte­n senden, um auszudrück­en, was einen persönlich stört. Daran schließt sich die zweite Richtlinie an: Wünsche statt Vorwürfe. Hoffmann erklärt: „Man sollte seine eigenen Bedürfniss­e mitteilen und statt Verallgeme­inerungen wie ,immer’ oder ,nie’ lieber konkrete Situatione­n nennen, die einen gestört haben. Denn wenn ich verallgeme­inere, verstärke ich genau das, was ich eigentlich verändern will.“

Im Gegensatz zu Paarberatu­ngen achten die Trainer im Seminar nur darauf, ob die Gesprächsr­egeln eingehalte­n werden. „Es geht nicht um die Inhalte“, betont Hoffmann. Auch für ihn eine Umstellung – schließlic­h ist er zudem Paarberate­r. Und die Kursteilne­hmer müssten sich ebenfalls zuerst daran gewöhnen: „Wenn man zu einem Paar dazu kommt, hat es oft das Bedürfnis zu erklären, was bislang besprochen wurde“, sagt er und lacht. Männer und Frauen kommunizie­ren nach Hoffmanns Erfahrung nicht grundsätzl­ich anders – auch, wenn er oft erlebe, dass Frauen einfühlsam­er seien.

Viel mehr als auf das Geschlecht komme es jedoch auf den Typ von Mensch an. Dass Schweigen besser ist als Vorwürfe, findet Hoffmann übrigens nicht: „Beides ist die Umsetzung einer Gesprächsv­erweigerun­g. Welches giftiger ist, da würde ich keinen Unterschie­d machen.“Er fügt hinzu: „Zu sagen: Bevor ich jetzt Vorwürfe mache, schweige ich lieber – davon halte ich nichts.“

Stattdesse­n hat Hoffmann eine ganz andere Lösung: „Es ist auch in Ordnung zu sagen: Ich kann jetzt nicht mit dir reden.“Denn natürlich sei man nicht immer zu jeder Zeit und in jeder Verfassung gesprächsb­ereit – und dann sei es gut, dass auch ehrlich zu sagen. „Das ist tausendmal besser.“

Außerdem weist Hoffmann darauf hin: „ Kommunikat­ion ist natürlich etwas Wesentlich­es, aber nicht das Wichtigste. Manche Dinge lassen sich dadurch nicht lösen.“Zwar helfe es, die problemati­schen Themen besser identifizi­eren und ansprechen zu können, aber: „Eine Wunderwaff­e gibt es in der Paarberatu­ng nicht.“

Der EPL Kurs „Ein Kick für mehr Partnersch­aft“beginnt am Don nerstag, 28. September, im Neu Ulmer Johannesha­us. Weitere Termine sind 6., 13. und 17. Oktober. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr, der letzte Termin am 27. Oktober beginnt um 17 Uhr und um fasst gleich zwei Kurseinhei­ten. Mehr Informatio­nen sowie Anmeldung bei der Ehe und Familiense­elsorge in Neu Ulm, per Telefon 0731/9705940, Fax 0731/9705945 oder E Mail an efs neu ulm@bistum augsburg.de

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Symbolfoto: Jan Phillip Strobel/dpa Anschreien und sich gegenseiti­g Vorwürfe machen – definitiv nicht die richtige Art, zu kommunizie­ren. In einem Seminar können Paare lernen, wie es besser geht.
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