Illertisser Zeitung

So wählte Deutschlan­d

Die AfD punktet vor allem im Osten, doch auch im Westen bringt ihr Aufstieg vermeintli­che Gewissheit­en ins Wanken. In einigen Ländern gibt es für die klassische­n Koalitione­n keine stabilen Mehrheiten mehr. Das liegt auch daran, dass FDP und Grüne Westpart

- VON MICHAEL STIFTER

Die Deutschen haben gewählt und das Ergebnis bestätigt manches Vorurteil, bringt aber auch vermeintli­che Gewissheit­en ins Wanken. Da ist zum Beispiel die AfD: Ja, die Rechtspopu­listen haben vor allem bei Männern und im Osten gepunktet. Dort sind sie die zweitstärk­ste Kraft – in Sachsen haben sie sogar die meisten Zweitstimm­en geholt. Damit läuft die AfD der Linken immer mehr den Rang als Stimme des Ostens ab. Doch auch in vielen Wahlkreise­n im Westen ist sie am Sonntag an der vermeintli­chen Volksparte­i SPD vorbeigezo­gen.

Die Sozialdemo­kraten liegen nur noch in Bremen auf dem ersten Platz. Selbst in ihrer einstigen Hochburg Nordrhein-Westfalen blieben sie mehr als sechs Prozentpun­kte hinter der CDU. Grüne und FDP wiederum sind auch ein Vierteljah­rhundert nach der Wende in erster Linie Westpartei­en geblieben. Sieht man von Berlin ab, wo die Grünen sehr stark abschnitte­n, schafften die beiden in keinem ostdeutsch­en Bundesland ein zweistelli­ges Ergebnis. Das macht sich besonders bemerkbar, wenn es um mögliche Koalitione­n geht. Dann wirkt Deutschlan­d wie eine geteilte Republik: Das nun wahrschein­liche Jamaika-Bündnis wäre in den westdeutsc­hen Bundesländ­ern beispielsw­eise eine stabile Angelegenh­eit, im Osten aber nahezu unmöglich. Selbst gemeinsam kämen CDU, FDP und Grüne dort auf keine Mehrheit. In Berlin, Brandenbur­g, Sachsen und Thüringen würde es – gemessen am Bundestags­wahlergebn­is – derzeit nicht einmal zu einer Großen Koalition reichen.

Auch dem rot-grünen Bündnis in Niedersach­sen droht das Aus. Dort wird am 15. Oktober gewählt. Eine Mehrheit für die bisherige Regierung scheint nach dem Beben vom Sonntag unwahrsche­inlich. Und in Bayern, wo in einem Jahr die Landtagswa­hl ansteht, wackelt die Alleinherr­schaft der CSU. Sie braucht womöglich einen Koalitions­partner.

Der Hauptgrund für diese unsicheren Verhältnis­se ist neben der Wiederaufe­rstehung der FDP vor allem die AfD, die nicht nur sämtlichen anderen Parteien Anhänger abspenstig gemacht hat. Sie hat auch so viele Nichtwähle­r wie keine andere Partei motiviert, diesmal wieder ihre Stimme abzugeben. Gefolgt von den Liberalen, die ebenfalls viele Wahlmuffel zurückholt­en.

So stimmten die Bayern bei der Bundestags­wahl

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