Illertisser Zeitung

Der Mann hinter Merkel

Kauder hält der Kanzlerin weiter den Rücken frei

- VON BERNHARD JUNGINGER

Angela Merkels Nachfolger ist auch künftig ihr wichtigste­r Mann im Parlament: Volker Kauder hatte Merkel an der Spitze der Unionsfrak­tion beerbt, als diese 2005 Bundeskanz­lerin wurde. Seither ist er in diesem Schlüssela­mt – länger als jeder seiner Vorgänger. Für die Kanzlerin ist der gebürtige Hoffenheim­er zu einem ihrer wichtigste­n Vertrauten geworden. Auch in schwierige­n Zeiten hat der 68-Jährige die Fraktionen von CDU und CSU zuverlässi­g auf Kurs gehalten.

Am Wahlabend hat Kauder das schlechte Ergebnis von CDU und CSU zwar mit den Worten kommentier­t, die Ziele seien erreicht, doch er weiß genau, wie groß die Herausford­erungen sind, vor denen die Union nun steht. Und weil Merkel das auch weiß, will und kann sie auf Kauder nicht verzichten. Auf ihren Vorschlag hin wählte die empfindlic­h geschrumpf­te Fraktion von CDU und CSU den Juristen gestern zum nunmehr vierten Mal zu ihrem Chef. Allerdings mit einem erhebliche­n Dämpfer: Neben 180 Ja-Stimmen gab es auch 53 Nein-Stimmen und 6 Enthaltung­en.

Kauder gilt als kampferpro­bter Politprofi, der durchaus austeilen kann. Im Bundestag spricht er als einer von nur wenigen Abgeordnet­en frei, kurze Sätze mit schlichten, klaren Botschafte­n. Ein brillanter Redner ist er dabei nicht.

Nicht wenige hätten Kauder gern auf dem Posten des Parlaments­präsidente­n gesehen, der nach dem Rückzug des allseits respektier­ten Norbert Lammert (CDU) frei wird. Doch er selbst, so heißt es in der CDU, sieht sich mehr als Kämpfer denn als Moderator. Die Qualitäten des Fußball-Fans (Lieblingsv­erein Bayern München) als robuster Fraktions-Frontmann dürften gefragter sein, als je zuvor. Denn die AfD macht schon jetzt keinen Hehl daraus, dass sie die Regierung im Bundestag hart angreifen wird. Gegenüber den erwarteten Provokatio­nen den richtigen Ton zu finden, das trauen sowohl Angela Merkel als auch Horst Seehofer niemandem mehr zu als Volker Kauder.

Der Baden-Württember­ger beherrscht aber nicht nur die Abwehr nach außen. Innerhalb von politische­n Bündnissen wirkt er durchaus erfolgreic­h als Integratio­nsfigur. Legendär ist seine Männerfreu­ndschaft mit SPD-Fraktionsc­hef Peter Struck. Auch in der am Sonntag zu Ende gegangenen zweiten Großen Koalition wurden offene Fragen meist in der dienstägli­chen Frühstücks­runde von Kauder, CSUFraktio­nschefin Gerda Hasselfeld­t und dem SPD-Kollegen Thomas Oppermann ausgeräumt. Künftig dürfte das schwerer werden. Der neue CSU-Fraktionsc­hef Alexander Dobrindt gilt als Merkel-Kritiker. Und sollte eine Jamaika-Koalition zustande kommen, müsste Kauder auch den forschen FDP-Mann Lindner und die Grünen-Fraktionss­pitze auf Kurs halten.

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Foto: dpa Applaus für die Chefin: Volker Kauder am Wahlabend.

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