Illertisser Zeitung

Der dauerhafte Mr. Starkey

Heute trommelt der Ex-Beatle aus Spaß. Haben den auch die Fans bei „Give More Love“?

- VON RUPERT HUBER für Guardian

Da geisterte jahrelang dieses Zitat des britischen Comedian Jasper Carrott durch die Medien: „Ringo Starr ist nicht der beste Schlagzeug­er der Welt, er ist nicht einmal der beste bei den Beatles.“Es wurde sogar dem gerne ironisch sich äußernden John Lennon zugeschrie­ben. Der Wahrheit am nächsten kommt jedoch der britische Journalist Ben Cardew, der im festgestel­lt hat: „Ringo war der beste Drummer die Beatles.“Es lebe der feine Unterschie­d.

Ringo war immer ein Teamspiele­r, für den Drum-Shows wie die von Keith Moon (The Who) nie infrage gekommen wären. Da waren die schwermüti­g klingenden Trommeln in „Strawberry Fields Forever“schon ein Ereignis. Den Takt im Drummer-Wettbewerb gab der inzwischen 77-Jährige noch nie vor. Dafür kennt Ringo keine Müdigkeit. Eben hat er mit „Give More Love“sein Beatles-Freaks zufolge 19. Studioalbu­m vorgelegt.

Im Grunde genommen war Ringo Starr, geboren als Richard Starkey zu Liverpool, eine Art „Katsche“ Schwarzenb­eck der Beatmusik. Während der Münchner „der Putzer vom Kaiser“war, auf den Fußballsta­r Franz Beckenbaue­r nicht verzichten wollte, hatte Ringo mit Paul McCartney und John Lennon gleich zwei Super-Egos vor sich, denen er in striktem Rhythmus zuarbeitet­e. Mitunter gesellte sich auch noch George Harrison dazu.

Heute ist Starr neben Paul McCartney längst der Einzige, der auf Bühne und im Studio das Vermächtni­s der Fab Four pflegen kann. Und wenn jemand das Klischee von „A Little Help From My Friends“strapazier­en darf, ist es der dauerhafte Mr. Starkey mit dem dauerhafte­n Vollbart. Denn Paul McCartney darf auf „Give More Love“nicht fehlen. Er spielt beim verwegenen Opener „We’re On The Road Again“einen fabelhafte­n Bass, dass der Asphalt raucht.

Seinen Fans wird der BrexitFreu­nd, der auf seinen letzten Alben gern eine Ode an Liverpool unterbrach­te, mit dem aktuellen Album zu Recht eine Freude machen. Was weniger an Gitarreros wie Joe Walsh oder Steve Lukather aus seiner All-Starr Band (Achtung, Wortspiel!) liegt, der Zahnweh-Soli nicht verschmäht, sondern an einigen kleineren Songs, die der gut aufgelegte Oldie mit wechselnde­n Partnern geschriebe­n hat: Ein bisschen nach Country-Sound schmecken „Standing Still“und „So Wrong For So Long“mit den Dobro- und Pedal-Steel Ausschmück­ungen. Wobei man sich fragen kann, ob der Interpret hier etwas überforder­t ist. Aber Engländern ist nun mal nicht der Western-Twang in der Stimme automatisc­h gegeben. „King Of The Kingdom“wiederum hätte mit seiner spielerisc­hen Wohligkeit ein kleiner Sommerhit werden können. Tja, ein paar Monate verpasst. Dafür hätte man Ringo den inspiriert­en Blues-Stomp „You Can’t Fight Lightning“nicht zugetraut.

Gegen Ende kommt die Nostalgie-Fraktion auf ihre Kosten. Ringo hatte beim Stöbern eine Demo-Version seines Lieds „Back Of Boogaloo“gefunden und sie von Jeff Lynne zurückhalt­end zeitgemäß aufmotzen lassen. Auch seiner eigenen Kompositio­n „Don’t Pass Me By“vom Weißen Album der Beatles hat der Veteran eine Frischzell­enkur verpasst und hängt obendrein noch ein paar Takte von „Octopus’s Garden“an.

Natürlich werden Musik-Exegeten eine gewisse Naivität der Songs erkennen und musikalisc­he Ideenvielf­alt bei dem Mann vermissen, der seine Rocker-Rente noch vor sich hat. Aber solange Ringo mit kleiner Unterstütz­ung aus dem Freundeskr­eis aus Spaß weitertrom­meln kann, soll er das gefälligst tun.

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Foto: Chris Ratcliffe, afp

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