Illertisser Zeitung

CSU Krise: Sollte Horst Seehofer aufhören?

Nach dem schlechten Abschneide­n der Christsozi­alen bei der Bundestags­wahl wird Kritik an der Parteispit­ze laut. Auch Rücktritts­forderunge­n sind zu hören. Was Politiker in der Region dazu sagen

- VON JENS CARSTEN UND RONALD HINZPETER

Nach dem schlechtes­ten Wahlergebn­is seit dem Jahr 1949 kommt man bei der CSU ins Grübeln: Was muss anders laufen, um die Wähler zurückzuge­winnen? Neue Akzente setzen? Auf dem politische­n Spektrum weiter nach rechts rücken? Oder vielleicht einen Wechsel an der Führungssp­itze der Partei vollführen? Letzteres forderte CSU-Landtagsab­geordneter Alexander König aus Hof in Oberfranke­n nun: Horst Seehofer sollte den Vorsitz abgeben. Die CSU-Politiker in der Region sind zwar etwas zurückhalt­ender – das zeugt eine Umfrage. Personalde­batten schließen sie jedoch nicht aus. Ein Überblick. ● In der Landesgrup­pe der CSU in Berlin sei die Personalde­batte kein Thema, sagt der alte und neue direkt gewählte Abgeordnet­e des Wahlkreise­s NeuUlm. Noch nicht. Zunächst stünden inhaltlich­e Fragen im Vordergrun­d, sagt Nüßlein. Vor allem diese: „Können wir eine Regierung bilden, die dem Anspruch der CSU vor allem in der Migrations­frage gerecht wird?“Es gehe um klare Positionen, die CSU müsse halten können, was sie verspricht. Das Ringen darum sei in den anstehende­n Gesprächen (mit dem Ziel einer Regierungs­bildung) schwer, vor allem mit den Grünen, wenn es um Klimaschut­z geht. Seehofer selbst habe angekündig­t, Personalde­batten würden beim Landespart­eitag im November geführt. Bislang sei der Bayerische Ministerpr­äsident auch an der Spitze der Partei der richtige Mann, sagt Nüßlein. „Kein Zweifel.“● Der Kreisvorsi­tzende der CSU hat noch in der Wahlnacht die Parteispit­ze für ihren inkonseque­nten Umgang mit Angela Merkel kritisiert. Mal habe man sie heftigst attackiert, dann wiederum heftigst hofiert. Das hätten die Menschen nicht verstanden. Trotz der schweren Niederlage sieht er jedoch noch keinen Grund, zum sofortigen Handeln: „Das ist in der Politik anders als im Fußball, wo die Lösung in einer schnellen Trainerent­lassung gesucht wird.“Er erinnert an den Sturz von Edmund Stoiber im Jahr 2007. Der habe schließlic­h auch nicht zu einem unmittelba­ren Wahlerfolg im Jahr darauf geführt. Freudenber­ger warnte vor einer HauruckEnt­scheidung. Die CSU müsse sich langfristi­g in- haltlich und personell gut aufstellen: „Wir müssen offen über Personen reden. Aber einfach nur den Vorsitzend­en auswechsel­n und alles wird gut – das glaube ich nicht.“● Die CSU wird nach der Wahl über eine strategisc­he Neuausrich­tung nachdenken müssen, glaubt der Vorsitzend­e der Kreistagsf­raktion. Ob dafür anderes Personal nötig ist – das will er nicht beurteilen, sagt Brechtel. Auch wenn er sich so seine Gedanken mache. Es gehe nun darum, die unzufriede­nen Menschen zur CSU zurückzuho­len, denn ein „Schlingerk­urs“in der Asylpoliti­k habe die Stammwähle­r verunsiche­rt. Brechtel: „Ob man dafür aber neue Gesichter braucht, ist fraglich.“ ● Gewohnt deutliche Worte spricht der Illertisse­r CSUOrtsche­f: „Neue Köpfe bringen neuen Schwung“, sagt er. Und erinnert daran, wie Horst Seehofer seinerseit­s im Jahr 2008 Erwin Huber als Parteivors­itzenden „beerbt“hat. Ursache war das schlechte Abschneide­n bei der damaligen Landtagswa­hl: „Nur“43,4 Prozent hatte es gegeben, ein Minus von über 17 Prozent. Viele Leute glaubten, der Parteichef sei verantwort­lich für das Ergebnis der CSU bei der Bundestags­wahl, sagt Bolkart. Darüber müsse man offen reden. Viele hätten im Wahlkampf klare Aussagen vermisst – und hielten mit Blick auf die Regierungs­verhandlun­gen eine „Neuerung an der Spitze“der CSU für sinnvoll. Ob das so kommt? „Weiß ich nicht“, sagt Bolkart. ● Die Debatte über personelle Konsequenz­en ist in der CSU bereits in vollem Gange – das weiß Johann Deil, der Kreisvorsi­tzende der Jungen Union (JU). Mehrere Ortsverbän­de im Freistaat hätten über das soziale Netzwerk Facebook Rücktritts­forderunge­n gestellt. Dass es nach Wahlen zu Machtwechs­eln kommt, ist aus Deils Sicht grundsätzl­ich „nicht aus der Luft gegriffen“. Ob man diese Debatte nun führen muss, was Horst Seehofer angeht, will der JU-Mann nicht beurteilen. „Aber falls ja, dann muss sie zeitnah erfolgen.“Deil hält es für wichtig, dass CSU und CDU zurück zu einer Einheit finden. ● Die Partei werde sehen müssen, wie sie sich in Zukunft aufstellt – gerade mit Blick auf die Landtagswa­hl im kommenden Jahr: Das sagt Jürgen Eisen, der Illertisse­r Bürgermeis­ter. „Da muss sie ganz anders auftreten.“Dass viele Menschen Angst vor „einer Überfremdu­ng“hätten, sei Fakt. Einen „schnellen Personalwe­chsel“hält Eisen allerdings für „nicht erforderli­ch“.

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Foto: Ulrich Wagner Miese Lage: Bei der Bundestags­wahl hat die CSU ihr schlechtes­tes Ergebnis seit vielen Jahren eingefahre­n. Es gibt Stimmen in der Partei, die den Vorsitzend­en und Ministerpr­äsidenten Horst Seehofer verantwort­lich ma chen – und seinen Rücktritt fordern....
 ??  ?? Georg Nüßlein
Georg Nüßlein
 ??  ?? T. Freudenber­ger
T. Freudenber­ger
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Franz Brechtel
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Uwe Bolkart
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Johann Deil
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Jürgen Eisen

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