Illertisser Zeitung

Letzte Ruhe in Heidelberg

Heute öffnet das „Körperwelt­en“-Museum. Und wieder laufen die Gegner Sturm

- (dpa)

200 präpariert­e Leichen der so bekannten wie umstritten­en „Körperwelt­en“-Schau sollen nach weltweiten Ausstellun­gen nun dauerhaft in Heidelberg zu sehen sein. Plastinato­r Gunther von Hagens nennt das Museum im Alten Hallenbad „einen lang gehegten Wunsch“. Er wolle Besuchern die wunderbare Komplexitä­t des menschlich­en Körpers lebensnah aufzeigen, sagte der 72-Jährige gestern.

Bei Plastinate­n ist die Haut abgezogen, Muskeln und Organe sowie Nervensträ­nge liegen frei. Diese Art der Zurschaust­ellung fasziniert viele, stößt aber seit der PremierenA­usstellung 1995 in Japan auch auf Kritik: Diese Präsentati­on der Toten entspreche nicht der Menschenwü­rde. Gegen die „Körperwelt­en“-Ausstellun­gen, die 44 Millionen Menschen besuchten, gab es immer wieder Proteste. „Alles in allem haben sich die Zeiten aber geändert. Der Druck hat nachgelass­en“, sagt Angelina Whalley, die die Dauerausst­ellung in Heidelberg mit und für ihren an Parkinson erkrankten Mann Gunther von Hagens kuratiert. Im Alten Hallenbad, das von Hagens selbst gemietet hat, werden von heute an auf 1000 Quadratmet­ern rund 150 Einzelpräp­arate wie Organe, aber auch 20 Ganzkörper­plastinate präsentier­t. Bei gedämpf- tem Licht stehen zwei Fußballer beim Zweikampf wie eingefrore­n da, im Nebenraum hängt ein Sportler im Rhönrad. Diese Schau mit dem Titel „Anatomie des Glücks“im neuen „Körperwelt­en Museum im Alten Hallenbad Heidelberg“ist eine Rückkehr zu den Wurzeln: In Heidelberg entwickelt­e der Mediziner von Hagens 1977 seine Methode zur Konservier­ung von Körpern.

Doch auch in Heidelberg ist die Öffentlich­keit gespalten, seit Wochen streiten Befürworte­r und Gegner über das Museumspro­jekt. Während es die einen als „wichtige Wissensver­mittlung“betrachten, beklagen die anderen einen „indusmassi­ve triell betriebene­n Wander-Friedhof“. Ablehnung kommt auch von den Kirchen. „Es ist fraglich, ob Show und Kommerz mit Leichen für die Wissenscha­ftsstadt Heidelberg ein Glücksfall sind“, meinen die evangelisc­he Dekanin Marlene Schwöbel-Hug und ihr katholisch­er Amtskolleg­e Joachim Dauer.

Auch in Berlin gab es Ärger – um das „Menschen Museum“, in dem Plastinate zu sehen sind. Ein Bezirksamt hatte Ende 2016 die Schließung angeordnet. Das Berliner Verwaltung­sgericht urteilte Mitte September, dass unter bestimmten Voraussetz­ungen plastinier­te Leichen gezeigt werden dürfen.

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Foto: Wolfgang Jung, dpa Pietätlos oder ein Beitrag zur Wissensver­mittlung? Über Ganzkörper­plastinate wie dieses gehen die Meinungen stark auseinande­r – jetzt auch in Heidelberg. Dort ist dieser „Schachspie­ler“in einer neuen Dauerausst­ellung des umstritten­en Mediziners Gunther...

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