Ringen um 23 Millionen Projekt
Ulm diskutiert über den Neubau eines Trainingszentrums. Der Saisonstart in der Bundesliga geht dabei fast unter
Die Prioritäten bei der SaisonEröffnungs-Gala der Ulmer Basketballer waren ganz bewusst so gesetzt. Erst kurz vor Schluss der Veranstaltung wurden die Bundesligaspieler auf die Bühne gebeten und kurz interviewt. Ansonsten wurde an diesem Abend Werbung für den Orange-Campus gemacht. Die Ulmer starten am Samstag (18 Uhr) mit einem Heimspiel gegen Alba Berlin in die neue Saison, aber im Mittelpunkt der Diskussionen rund um den Basketball steht in der Doppelstadt seit Monaten das am Donauufer geplante und rund 23 Millionen Euro teure Trainingszentrum für Nachwuchsspieler und Profis.
Der Ulmer Gemeinderat hat am Dienstag nach einer dreistündigen Sitzung hinter verschlossenen Türen die Zuschuss-Entscheidung bereits zum zweiten Mal vertagt. Etwa 150 Fans waren ins Rathaus gekommen, um das Anliegen ihres Vereins zu unterstützen. Andere sind inzwischen genervt von dem Thema, das vom Verein mit Plakatierung in beiden Städten, Spendenaufrufen und Dauerfeuer in den sozialen Medien gehypt wird. Der Orange-Campus wird die Ulmer Basketball-Gemeinde trotzdem weit in die neue Bundesligasaison hinein begleiten.
Das Management verweist auf das immer weiter zunehmende Interesse von Kindern und Jugendlichen am Basketball und auf fehlende Hallenzeiten. In einem bereits im Juli von den beiden Geschäftsführern Thomas Stoll und Andreas Oettel unterzeichneten offenen Brief wird die Forderung nach einer großen Lösung mit drei Hallen, Fitnessbereich und Gastronomie aber auch sportlich begründet: „Ohne hochwertige Jugendarbeit fehlt den Profis der Nachwuchs, der auf einem überhitzten Spielermarkt längst nicht mehr zu bezahlen ist.“
Die Bedeutung des Orange-Campus für die Entwicklung dieser Sportart wird von den Ulmer Basketballern ähnlich hoch eingeschätzt wie die der vor knapp sechs Jahren eröffneten und 6200 Besucher fas- Ratiopharm-Arena. Als prominente Unterstützer des Anliegens haben sich der eben erst aus dem Amt geschiedene Bundestrainer Chris Fleming, der Ulmer Alt-OB Ivo Gönner und sogar Uli Hoeneß zu Wort gemeldet. Vor allem die Fürsprache des Präsidenten von Bayern München ist bemerkenswert. Auch der deutsche FußballRekordmeister hat schließlich eine Basketball-Filiale, die in den vergangenen Jahren trotz eines deutlich höheren Etats in der Regel schlechter abgeschnitten hat als Ulm.
Wohl auch deswegen haben sich die Bayern einen Spieler aus der Ulmer Mannschaft einverleibt, die in der vergangenen Saison mit 27 Siegen nacheinander einen BundesligaRekord aufgestellt hat, als Tabellenführer in die Play-offs einzog und dann doch im Halbfinale an Oldenburg scheiterte. Spielmacher Braydon Hobbs ging nach München und auch die meisten der anderen Leistungsträger waren nicht zu halten: Augustine Rubit unterschrieb beim deutschen Meister Bamberg, Chris Babb beim russischen Verein Krasnodar und Raymar Morgan im türkischen Bursa. Die Abgänge wurden zwar allem Anschein nach zumindest annähernd gleichwertig ersetzt. Es kamen Spieler mit Erfahrung aus der amerikanischen Profiliga NBA wie Toure Murry und Luke Harangody. Dazu Ryan Thompson und Trey Lewis, die ihre überdurchschnittliche Bundesliga-Tauglichkeit bereits in Bonn und Bayreuth unter Beweis gestellt haben. Isaac Fotu ist neuseeländischer Nationalsenden spieler und Ismet Akpinar hat bei der Europameisterschaft für Deutschland eine wichtige Rolle gespielt. Es wäre trotzdem eine Überraschung, wenn die neu zusammengestellte Mannschaft schon in dieser Saison erneut vor den Bayern landen würde oder wenn sie sogar Bamberg ärgern könnte. Mittelfristig haben die Ulmer das allerdings durchaus vor – immer vorausgesetzt, dass sie ihr Lieblings- und Leuchtturmprojekt Orange Campus durchkriegen.