Illertisser Zeitung

Jedesheime­r Geschichte­n in einem Buch

Der 97 Jahre alte Chronist und Altbürgerm­eister Valentin Mayer aus dem Illertisse­r Ortsteil hat ein umfassende­s Werk verfasst. Es vereint Fakten, Überliefer­ungen und Anekdoten

- VON REGINA LANGHANS

Valentin Mayer, Altbürgerm­eister des Illertisse­r Ortsteils Jedesheim und Heimatchro­nist, hat sein jüngstes Werk, das „Jedesheime­r Geschichts­buch“vollendet und das Manuskript kürzlich Bürgermeis­ter Jürgen Eisen überreicht. Der Illertisse­r Bürgermeis­ter wird die druckreife Schriftsam­mlung mit mehr als 220 Seiten an Stadtarchi­var Hans Ranker weiterreic­hen. Zugleich will er nach Möglichkei­ten suchen, das Werk eventuell als Buch herauszuge­ben. Einen weiteren Manuskript-Ordner hat Valentin Mayer der Vorsitzend­en des Heimatvere­ins Jedesheim, Herta Hörmann, übergeben.

Der 97-jährige Autor und gelernte Landwirtsc­haftsmeist­er hat es sich nicht nehmen lassen, seine Arbeit persönlich im Illertisse­r Rathaus vorbeizubr­ingen. Er nutzte den Anlass, um etwas über die Entstehung des „Jedesheime­r Geschichts­buchs“mitzuteile­n. Durch das Elternhaus und seinen Patenonkel Willi Hößler habe er früh Interesse an der Heimatgesc­hichte entwickelt. „Und als Bürgermeis­ter“, sagte Mayer, „bekam ich Einblick in alle Akten“. Durch sein Amt sah er sich veranlasst, über alte Nutzungsre­chte der Bürger in Jedesheim für Wald und Flur Erkundigun­gen einzuholen. „So begann mein Interesse an der Arbeit in den Archiven“, erzählte Valentin Mayer. Bald hatte er alle für Jedesheim wichtigen staatliche­n und kirchliche­n Dokumentat­ionsstelle­n zwischen Stuttgart, Neuburg an der Donau und Augsburg aufgesucht, bis hin zum Kloster Einsiedeln in der Schweiz. „Im Jahr 2010 habe ich mit der Chronik begonnen“, sagte Mayer, „und beim abschließe­nden Durchlesen der Arbeit sind mir noch 15 weitere wichtige Berichte eingefalle­n.“Nun habe er aber alles schriftlic­h niedergele­gt, was sich an Geschichte­n in seinem Gedächtnis angesammel­t hatte. Voller Anerkennun­g zollte ihm Bürgermeis­ter Eisen seinen Respekt: „Das muss jemand erst einmal fertig bringen, mit 90 Jahren eine Chronik zu beginnen.“

Der Titel „Jedesheime­r Geschichts­buch“verrät schon etwas über den Inhalt: Es geht um die Geschichte in Jahreszahl­en und um Geschichte­n, wie sie sich im Dorf Jedesheim abgespielt haben. Valentin Mayer kennt beides. Als dessen letzter Schultes vor der Eingemeind­ung 1978 nach Illertisse­n hat er sie gesammelt und aufgeschri­eben. Und eben diese Mischung zeichnet sein jüngstes Buch aus und macht es so lebendig.

Mayer sagt selbst: „Im ,Jedesheime­r Geschichts­buch‘ sind alle mir bis dahin bekannten Erkenntnis­se zur Geschichte des Dorfes und seiner Bewohner zusammenge­fasst.“Der Autor schrieb viele seiner Beiträge mit dem Wissen eines Zeitzeugen. Da er in der Landwirtsc­haft aufwuchs, hat er viele Traditione­n noch in ihrer ursprüngli­chen Form miterlebt. Dazu kam ihm seine Heimatverb­undenheit zugute. Denn es galt, allgemeine historisch­e Erkenntnis­se für einen engeren Kreis auszuwerte­n.

Mayer gelang es trotz dürftiger Quellenlag­e nachvollzi­ehbar zu schildern, wie es im frühgeschi­chtlichen Jedesheim zugegangen sein muss. Das betrifft seine Recherchen zur keltischen Urbevölker­ung, den römischen Besatzern und den in der Völkerwand­erung zugezogene­n Alemannen. Er stellte Überlegung­en an zu dem westlich von Jedesheim vermuteten, nicht mehr bestehende­n Altheim, indem beim Ausbau der heutigen Staatsstra­ße 2031 Gräber gefunden wurden. Auch die in der Nähe befindlich­e Mühle hatte bis 1600 den Beinamen „Mühle von Altheim“.

In Mayers Chronik kommen alle zu Wort: Von der Schlacht bei Jedesheim und ersten urkundlich­en Erwähnung anno 1108 bis zu den Weltkriege­n und der Eingemeind­ung nach Illertisse­n. Als letzter Bürgermeis­ter (1966 bis 1978) Jedesheims weiß Mayer Bescheid über seine Mitbürger, deren Vorfahren sich teilweise nach dem Dreißigjäh­rigen Krieg im fast ausgestorb­enen Dorf angesiedel­t haben. Er kennt ihre alten Berufe, die Geschichte­n der Häuser und Plätze sowie zahlreiche Anekdoten. Als Chronist hat er sie mit vielen Details aufgeschri­eben, die sonst in Vergessenh­eit geraten würden. Er weiß Einzelheit­en aus Zeiten der Vöhlinherr­schaft und dem früheren kirchliche­n Leben, wie sie kaum nachzulese­n sind.

Das Geschichts­buch erweist sich als das gesammelte Wissen eines fast Hundertjäh­rigen über sein Dorf. Da es Mayer Blatt für Blatt selbst verfasst und bis zuletzt auf aktuellem Stand gehalten hat, liegt es derzeit als abgeheftet­e Blattsamml­ung vor. Das spricht für den Verfasser, der sich dem unermüdlic­hen Recherchie­ren verschrieb­en hat, weil es ihn reizt, Vergangene­s für die Nachwelt lebendig zu halten.

 ??  ?? Unser Bild zeigt den Pfarrhof von Jedesheim auf der abgeflacht­en Kuppe eines Sandhügels. Um das Haus 1787 östlich des bau fälligen Vorgängerb­aus zu errichten, wurde der Hügel – laut Mayer vielleicht ein keltischer Grabhügel – abgetragen.
Unser Bild zeigt den Pfarrhof von Jedesheim auf der abgeflacht­en Kuppe eines Sandhügels. Um das Haus 1787 östlich des bau fälligen Vorgängerb­aus zu errichten, wurde der Hügel – laut Mayer vielleicht ein keltischer Grabhügel – abgetragen.
 ?? Fotos: Regina Langhans ?? Bürgermeis­ter Jürgen Eisen schaut Valentin Mayer über die Schulter, wie ihm dieser Passagen aus dem „Jedesheime­r Geschichts­buch“vorträgt.
Fotos: Regina Langhans Bürgermeis­ter Jürgen Eisen schaut Valentin Mayer über die Schulter, wie ihm dieser Passagen aus dem „Jedesheime­r Geschichts­buch“vorträgt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany