Ein Seelsorger, der die Kunst liebt
Der langjährige Weißenhorner Pfarrer Otto Lutz feiert heute 90. Geburtstag. Wie er sich fit hält
Beim Blick in das große Wohnzimmer ist schnell zu erkennen, welchen Interessen Otto Lutz bis ins hohe Alter nachgeht. Zahlreiche Bücher stehen in Regalen, bunte, großformatige Gemälde fallen ins Auge sowie Figuren und Skulpturen. Kunst und Literatur hat auch in seinem Berufsleben, das mit dem Rentenalter noch lange nicht vorbei war, eine wichtige Rolle gespielt. Heute wird der Pfarrer im Ruhestand 90 Jahre alt.
Lutz ist in Weißenhorn geboren und aufgewachsen, zum Studium zog es ihn jedoch in die Schweiz und nach München. Auch anschließend war er jahrzehntelang außerhalb der Fuggerstadt tätig. Erst 1998 kehrte er für einige Jahre wieder zurück, 2011 hat er seine jetzige Wohnung bezogen. Noch heute bewegt sich Lutz im Dreieck Weißenhorn – Günzburg – Memmingen, wie er selbst sagt. Diese drei Städte sind ihm besonders ans Herz gewachsen.
Noch vor seiner ersten Ausbildung zum Rechtspfleger erlebte Lutz harte Jahre. Während des Zweiten Weltkriegs diente er im Militär, kam in amerikanische Gefangenschaft. Im Frühsommer 1946 kehrte er wieder in die Freiheit zurück. Seine Eltern hätten ihn kaum mehr wiedererkannt, erzählt er heute. Von ihnen musste er auch erfahren, dass sein einziger Bruder im Krieg gefallen war.
Schöneren Dingen des Lebens widmete sich Lutz in seiner akademischen Ausbildung: Aus persönlichem Interesse studierte er in Fribourg (Schweiz) neben Philosophie auch Kunstgeschichte – eine Disziplin, die für seine spätere Laufbahn nützlich werden sollte. In seinem Theologie-Studium in München hörte er die moderne Lehre, der zufolge nicht alles wörtlich zu nehmen ist, was in der Bibel steht. 1959 wurde er zum Priester geweiht.
Nach seinen Stationen als Kaplan in Augsburg und Kempten war Lutz in den 1960ern mehrere Jahre Stadtprediger an der Frau- enkirche in Günzburg. Anschließend wurde er Pfarrer in Gersthofen (Kreis Augsburg), wo er verstärkt seinem Sinn für Kunst nachging und zusammen mit einem Architekten die damals neu gebauten Kirche Maria, Königin des Friedens, ausgestaltete.
Sein Lebenswerk sieht Lutz allerdings in Memmingen verwirklicht, wo er von 1968 bis 1990 Stadtpfarrer war. Dort begann er, die Titelseiten seiner Gemeindebriefe mit Gemälden zu bedrucken, die Bezug zum Glauben haben. Gegen viele Widerstände ließ er das Innere der Kirche Sankt Josef umbauen und – ganz im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils – unter anderem eine Altarinsel bauen, die näher bei den Gläubigen war. „Da habe ich einiges umgekrempelt“, sagt Lutz.
Für seine Verdienste um Memmingen erhielt der Pfarrer das Stadtsiegel. Denn er kümmerte sich dort auch um schwerkranke Menschen. Im Alter von 63 Jahren ließ sich Lutz in Würzburg zum Klinikseelsorger ausbilden. „Ich war dort der älteste Praktikant“, erzählt er und lacht. In Memmingen baute er ein Klinikseelsorger-Team auf, hörte Patienten zu und gab ihnen Zuversicht. Seine Erfahrungen brachte er ab 2002 für weitere sechs Jahre auch in Günzburg ein. In Weißenhorn ist er bis heute unterstützend als Seelsorger tätig ist.
Der 90-Jährige selbst erfreut sich guter Gesundheit, tägliche Zeitungslektüre und Arbeiten am Computer sind für ihn noch selbstverständlich. Dazu ernährt er sich gesund. Wenn Lutz Zeit hat, spaziert er auch jeden Tag im Wald.
Anlässlich des 90. Geburtstags findet am Samstag, 30. September, um 18.30 Uhr ein Gottesdienst in der Stadt pfarrkirche Mariä Himmelfahrt statt.