Eine unerwartete Landung
Warum einige Kellmünzer vor 100 Jahren zum ersten Mal ein Flugzeug sahen
Es war eine unerwartete Begebenheit, die viele Bürger faszinierte: Vor 100 Jahren landete der Kellmünzer Josef Frank mit seinem Doppeldecker am östlichen Ortsrand der Gemeinde. „Das war ein riesiges Ereignis“, erzählt Hugo Mayerhofer heute, aus dessen Album das oben abgebildete Foto stammt. Denn die meisten Kellmünzer hätten zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal überhaupt ein Flugzeug gesehen. Vielleicht sei das auch der Grund gewesen, warum Frank sein Fluggerät in seinem Heimatdorf einmal demonstrieren wollte.
Zeitzeugen für die einst unerwartete Begebenheit gibt es in der Marktgemeinde schon lange nicht mehr. Auch Mayerhofer wurde erst elf Jahre später, also 1928, geboren. Die Geschichte zu dem Foto habe ihm aber sein Vater erzählt. Dieser war damals 16 Jahre alt. Er hat die Flugzeuglandung selbst miterlebt.
Demnach war Josef Frank während des Ersten Weltkriegs als Fliegerpilot eingesetzt. Als dieser da- mals auf die Marktgemeinde zuflog und zur Landung ansetzte, soll auf dem Friedhof zur selben Zeit eine Beerdigung stattgefunden haben. Auch die Mutter des Fliegers gehörte wohl zu den Friedhofsbesuchern. „Da kommt mein Josef“, soll sie laut gerufen haben. Offenbar hatte die Mutter die sonst geheime Absicht ihres Sohnes, in Kellmünz einmal spontan zwischenzulanden, gekannt.
Die übrigen Teilnehmer der Beerdigung aber wurden überrascht. Aufgeregt und neugierig seien sie alle zum Ortsrand gelaufen. Dort konnten die Kellmünzer dann – wie auf dem Foto zu sehen – im Flugzeug auch probesitzen, während Josef Frank sichtbar stolz vor seinem Fluggerät stand.
Wie damals erzählt wurde, hat der Pilot den Abstecher in seine Heimatgemeinde offiziell als Notlandung dargestellt. Denn 1917, als der Erste Weltkrieg noch etwa ein Jahr dauern sollte, waren solche heimatlichen Überraschungsbesuche mit dem Flugzeug wohl nicht erlaubt.