Illertisser Zeitung

Schützt uns die Literatur nicht?

Michel Serres über Deutsche, Franzosen und Philosophe­n

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Am Dienstag eröffnen Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanz­lerin Angela Merkel die Frankfurte­r Buchmesse. Nicht dabei sein wird Michel Serres. Der hoch dekorierte französisc­he Philosoph steht wie wenige andere für die deutsch-französisc­he Freundscha­ft.

Mit der Wahl ihres Präsidente­n haben die Franzosen völlig neues Terrain betreten. Wo sind die Denker und Literatern, die Mut und Visionen haben?

Es gibt sie, wenn sie etwa an das Beispiel von Michel Houellebec­q denken, der aber eine pessimisti­sche, tragische Vision hat. In der Tat fehlt uns ein Projekt. Die Wirtschaft hat den ganzen Platz eingenomme­n, es gibt keinen Raum mehr für politische Projekte. Darum ist es notwendig, eine Philosophi­e der Geschichte zu schreiben. Es gab sie im 19. Jahrhunder­t, denken Sie nur an Hegel oder Marx zum Beispiel. Aber im 20. Jahrhunder­t gab es das nicht. Das ist das Versäumnis der Philosophe­n! Man muss klar machen, wo wir sind und wo wir hingehen könnten.

In einer Welt, in der sich alte Institutio­nen und Gewissheit­en auflösen, werden Autoren da zu neuen Autoritäte­n?

In der Renaissanc­e hat die Erfindung des Buchdrucks die Art und Weise, wie wir schreiben, vollkommen verändert. Davor waren es die Doktoren der Sorbonne, jetzt kommen Montaigne und Rabelais.

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