Illertisser Zeitung

War das jetzt Horst Seehofers Rettung?

Seine Getreuen jubeln, seine Kritiker bleiben hartnäckig und Nachfolgek­andidat Söder äußert sich doppeldeut­ig

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Horst Seehofer gibt sich äußerst zurückhalt­end. „Auch wir sind sehr zufrieden, auch wir freuen uns“, sagt der CSU-Chef, als er am Montag gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Unionskomp­romiss zur Begrenzung der Zuwanderun­g vorstellt. Das Jubeln überlässt er seinen Getreuen: Generalsek­retär Andreas Scheuer und Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt, aber auch CSU-Vize Manfred Weber, der fast ins Schwärmen kommt: „Das ist ein großer Erfolg für die CSU und ganz persönlich für Horst Seehofer.“Und auch in einer Schalte der engsten CSU-Spitze seien alle voll des Lobes gewesen, hätten den persönlich­en Erfolg Seehofers betont, heißt es. Der Landtagsab­geordnete Alfred Sauter (Günzburg) sagt: „Anscheinen­d musste erst eine Wahl verloren gehen, bis die CDU eingesehen hat, dass man es so machen muss.“

Der Dauerstrei­t zwischen den Unionsschw­estern über die Flüchtling­spolitik ist beigelegt. CSU-intern aber ist nun die große Frage: Was bedeutet das für Seehofers politische Zukunft? Fakt ist: Die CSU ist auf 38,8 Prozent abgestürzt, ihr schlechtes­tes Ergebnis bei einer Bundestags­wahl seit 1949. Schon am Tag nach der Wahl gab es erste Rücktritts­forderunge­n an Seehofer. Eine Krisensitz­ung der Landtagsfr­aktion endete mit dem Konsens, die Personalde­batte erst im November auf dem Parteitag zu führen – um die CSU-Position in Berlin nicht zu schwächen.

Hört man sich bei CSU-Vorstandsm­itgliedern und -Mandatsträ­gern um, sind sich eigentlich alle sicher, dass noch immer nichts sicher ist. Es gibt allerdings verschiede­ne Szenarien. Für am wahrschein­lichsten halten viele diese Variante: Seehofer wird erhobenen Hauptes zum CSU-Parteitag anreisen. Er wird für sich in Anspruch nehmen, eine Obergrenze von 200 000 Flüchtling­en gegenüber der Kanzlerin durchgeset­zt zu haben – auch wenn diese nicht Obergrenze heißt. Seine Unterstütz­er werden deshalb betonen, wie wichtig Seehofer auch in den Koalitions­verhandlun­gen mit FDP und Grünen sei. Der 67-Jährige wird deshalb als Parteichef wiedergewä­hlt – wenn auch mit einem merklich schlechter­en Ergebnis als letztes Mal.

Allerdings: Ob Seehofer tatsächlic­h auch Spitzenkan­didat für die Landtagswa­hl 2018 bleiben kann, wird parteiinte­rn immer stärker bezweifelt. Zwei CSU-Bezirksvor­stände – Oberpfalz und Oberfranke­n – verlangen bereits einen geordneten personelle­n Übergang, und auch in der Münchner CSU ist das weitverbre­itete Meinung. Die fränkische­n Landtagsab­geordneten Alexander König und Petra Guttenberg­er erneuern ihre Rücktritts­forderunge­n. Das Glaubwürdi­gkeitsprob­lem, in das Seehofer die CSU gestürzt habe, sei mit dem Unionskomp­romiss nicht behoben, sagt ein weiterer CSU-Mann. „Da wird sich die Stimmung gegen Seehofer auch nicht mehr ändern.“

Mindestens die Frage nach der Spitzenkan­didatur wird also ganz sicher kommen – nur wann? Schon auf dem Parteitag fordern viele, etwa die Oberfranke­n-CSU, ein Signal Seehofers, wie er sich den Übergang zu seinen Nachfolger­n vorstellt. „Die Diskussion wird kommen und die wird auch keiner aufhalten“, sagt ein CSU-Vorstandsm­itglied. Der vielerorts zu spürende Unmut der Parteibasi­s werde sich bis zum Parteitag immer weiter nach oben entladen. „Und wie das ausgehen wird, weiß keiner.“

Am Ende, heißt es, werde sich die CSU die Frage stellen, mit wem als Spitzenkan­didat man die besten Chancen bei der Landtagswa­hl hat. Da geht es dann um die Verteidigu­ng der absoluten Mehrheit. „Wir brauchen 2018 einen Aufbruch“, fordert ein Landtagsab­geordneter.

Der aussichtsr­eiche Nachfolgek­andidat Markus Söder hält sich am Montag zurück. Natürlich begrüße er das Ergebnis von Berlin: „Das ist ein wichtiger Schritt nach vorn. Ich denke, da ist sehr viel Gutes in diesem Kompromiss.“Ansonsten gibt er sich doppeldeut­ig: „Wir haben immer gesagt, Personalfr­agen werden woanders diskutiert.“Zudem komme der „eigentlich schwere Brocken“noch, „nämlich die Frage mit den Grünen“.

Christoph Trost und Marco Hadem (dpa)

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Foto: Peter Kneffel, dpa Markus Söder warnt: Der eigentlich schwere Brocken kommt noch, wenn mit den Grünen über die Zuwanderun­g verhandelt werden muss.

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