Illertisser Zeitung

Ein Schloss als Geburtstag­sgeschenk

Die Grafen von Moy de Sons haben den Besitz in Obenhausen einst von der bayerische­n Königsfami­lie überreicht bekommen. Ein Rückblick

- VON RALPH MANHALTER

An dieser Stelle berichtet Ralph Manhalter in unregelmäß­igen Abständen über die Historie des Altlandkre­ises Illertisse­n. Manhalter, geboren 1967, wohnt in Obenhausen und studiert zurzeit Kulturwiss­enschaften mit dem Fachschwer­punkt Geschichte. Im ersten Teil der Geschichts­serie geht es um die Grafenfami­lien von Moy.

In unserer Region gibt es einige Schlösser, wie etwa in Babenhause­n, Illertisse­n oder Illereiche­n. Was viele vielleicht gar nicht wissen: Auch im beschaulic­hen Obenhausen hat eine Adelsfamil­ie ein stattliche­s Anwesen. Die Ortsgeschi­chte dieser Familie um den Grafen von Moy de Sons reicht bis ins 19. Jahrhunder­t zurück – als der bayerische König Ludwig II dem Grafen ein ganz besonderes Geburtstag­geschenk „überreicht­e“.

Am 28. Geburtstag des bayerische­n Königs Ludwig II., also am 25. August 1873, verlieh dieser das Gut Obenhausen dem – aus der französisc­hen Picardie, einer Region nördlich von Paris stammenden – Grafen Karl von Moy de Sons.

Die Obenhausen­er kennen das markante Gebäude, welches zuletzt 1953 durch den Ulmer Architekte­n L. von Malsen umgebaut wurde. Damals erhielt das Schloss seine heutige bekannte Gestalt. Die Grundmauer­n dagegen sind aller Wahrschein­lichkeit Mitte des 16. Jahrhunder­ts zu datieren, als die Augsburger Patrizier Paumgartne­r Obenhausen ihr Lehen nannten.

Graf Karl von Moy de Sons (geboren 1827) hingegen stammt aus München. Nach seinem Studium im Jesuitenko­lleg in Freiburg trat er in die Armee ein, kam später als Ordonnanzo­ffizier an den bayerische­n Hof, wo er König Maximilian II. oft auf dessen Reisen begleitete. Maximilian­s Sohn und Nachfolger, Ludwig II., erhob Karl von Moy de Sons später in den Grafenstan­d. Der Adelige ließ sein Obenhausen­er Schloss zwischen 1889 und 1891 um ein Stockwerk erhöhen. Er starb am 5. November 1894 und wurde im Familienma­usoleum beigesetzt.

Seine Ehefrau, Gräfin Maria Georgine, machte sich in Obenhausen um die 1896 errichtete „Kinderbewa­hranstalt“verdient, dem Vorgänger des heutigen Kindergart­ens, welche durch Ordensfrau­en der Dillinger Franziskan­erinnen geleitet wurde. Doch was passierte nun mit dem Anwesen in Obenhausen? Der Besitz des Lehens ging gemäß des Erbvertrag­s an den ältesten der drei Söhne, Ernst (geboren 1861), über. Allerdings überschrie­b dieser im Jahr 1902 sein Lehen an seinen jüngeren Bruder Maximilian (geboren 1862). Dieser Graf heiratete 1889 Elisabeth von Waldburg-Zeil-Wurzach. Das Ehepaar bekam drei Söhne und vier Töchter – wovon Gräfin Irmgard eine künstleris­che Laufbahn einschlug. Als bekannte Grafikerin, Dichterin und Malerin lebte sie größtentei­ls in München und starb erst im hohen Alter von 94 Jahren auf Schloss Kirchheim/ Schwaben.

Bevor sich Maximilian intensiv um seine Obenhausen­er Besitzunge­n kümmerte, befand er sich wie sein Vater in bayerische­n Diensten. Neben dem Amt als Zeremonien­meister, Kämmerer und Hauptmann der Armee erhielt er noch die Stelle als Obersthofm­arschall des letzten bayerische­n Königs Ludwig III. Der Graf nahm zusammen mit seiner Gattin regen Anteil am Gemeindele­ben und trug auch einiges zur landschaft­lichen Verschöner­ung bei: So errichtete­n sie in den umlie- genden Wäldern verschiede­ne Bildstöcke und Kreuze, die zum Teil heute noch sichtbar und manche sogar restaurier­t sind. Eine überliefer­te Erzählung besagt, dass Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., in seiner Zeit als Nuntius – also als Vertreter des Papstes – auf einer Durchreise Obenhausen einen Besuch abstattete. Die Grafen von Moy des Sons pflegten einen engen Kontakt zu Eugenio Pacelli, selbst als er 1939 zum Papst gewählt wurde.

Maximilian starb am 26. April 1933 im Schloss Obenhausen. Während seiner letzten Lebensjahr­e wurde das Lehen 1928 aufgehoben.

Manche betagtere Bürger erinnern sich noch an den Grafen Wilhelm, den Sohn Maximilian­s. Er war wie sein Vater ein begeistert­er Jäger und erlebte zusammen mit den Einwohnern das Kriegsende 1945 in Obenhausen. 1948 wurde der Graf zum Vorsitzend­en der Kreisgrupp­e Illertisse­n des Bayerische­n Jagdverban­des gewählt. In zweiter Ehe war er mit der Amerikaner­in Henrietta Scott verheirate­t und verbrachte seinen Lebensaben­d in Denver / Colorado, wo er 1977 starb. Seine sterbliche­n Überreste ruhen ebenfalls im kleinen Mausoleum am Obenhausen­er Friedhof.

Heute wird das Schloss im Gegensatz zu früheren Zeiten nur noch sporadisch bewohnt. Ein Großneffe Wilhelms, der 75-Jährige jetzige Schlossbes­itzer, Graf Karl, lebt vorwiegend in Wiesbaden und verbringt lediglich ein paar Wochen im Jahr in Obenhausen, zumeist im Kreise seiner Enkelkinde­r, die den Schlosspar­k gerne in ihre Spiele miteinbezi­ehen.

Neben Obenhausen bewohnt die weitverzwe­igte Familie noch weitere Schlösser in Stepperg bei Neuburg an der Donau und in Anif bei Salzburg. Außerdem gehört zum „Familiensi­lber“noch das Münchner Stadtpalai­s in direkter Nachbarsch­aft der Theatinerk­irche – also wieder ganz nah bei den bayerische­n Königen.

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Repro: Ralph Manhalter Der Ort Obenhausen in früheren Jahren. Abgebildet ist auf dieser Postkarte in der Mitte unten auch das Schloss der Grafenfami­lie von Moy de Sons.
 ?? Repro: Manhalter ?? Maximilian von Moy de Sons auf seinem Sterbebild.
Repro: Manhalter Maximilian von Moy de Sons auf seinem Sterbebild.

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