Illertisser Zeitung

Wenn vier Hörner ein Orchester ersetzen

Münchner Quartett feiert in Illertisse­n eine glänzende Premiere. Die Musiker überzeugen dabei nicht nur mit ihrer Spielbreit­e

- VON REGINA LANGHANS

Wenn vier Hörner statt eines Orchesters das dritte Hornkonzer­t von Wolfgang Amadeus Mozart intonieren oder ein OrgelPrälu­dium von Johann Sebastian Bach – dann wird es musikalisc­h interessan­t. Für das neue Münchner Quartett war der Auftritt im Rahmen des Festivals „Junge Künstler – Stars von morgen“zudem die Premiere. Dabei haben sie künstleris­ch überzeugt. Über 200 Zuhörer in der Illertisse­r Schranne zeigten sich hingerisse­n bei dem warmen, strahlende­n Klang ihrer Instrument­e. Schade, dass im Publikum wenig junge Leute saßen, denn in der zweiten Hälfte des Abends gab es Jazz, Latin und spanischen Sologesang.

Das Hornquarte­tt unter Sarah Ennouhi vom Bayerische­n Staatsorch­ester mit ihrem Orchesterk­ollegen Stefan Böhning sowie Mia Aselmeyer und Matias Piñeira von den Münchner Symphonike­rn hat sich einer besonderen Herausford­erung verpflicht­et: Sie spielen Musik, die nicht für ihre Instrument­e geschriebe­n wurde und daher arrangiert werden muss. Das gilt insbesonde­re für Kompositio­nen des Barock und der Klassik, als es nur Naturhörne­r ohne Ventile gab. Sie verfügten über einen begrenzten Tonvorrat und änderten ihre Stimmung durch unterschie­dliche Bogenlänge­n des Horns.

So begann der Abend mit Klassikern der Musikgesch­ichte, nicht im Original, sondern als Arrangemen­ts. Sarah Ennouhi, die im Wechsel mit Mia Aselmeyer die Moderation übernahm, erklärte: „Mal müssen wir mit den Streichern eines Orchesters mithalten können, mal sollen wir wie ein Klavier spielen.“Zu hören gab es von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) die Ouvertüre zur Oper „Figaros Hochzeit“und das dritte Hornkonzer­t. Oder von Johann Sebastian Bach Präludium und Fuge in e-Moll sowie die Fuge in g-Moll. Eine Herausford­erung für Bläser waren die langen temporeich­en Passagen mit kurzen gestoßenen Noten. Das Quartett meisterte sie mühelos, für verspielte Melodien bei Mozart oder als rhythmisch­es Auf und Ab der Bach-Fugen.

Die technische Weiterentw­icklung zum heutigen Horn führte zu neuen Kompositio­nen, weshalb die Bläser mit der Suite für Hornquarte­tt von Eugène Bozza (1905-1991) ein Originalwe­rk vortrugen. Darin wurden die neuen Spielmögli­chkeiten mit sogenannte­m Doppelhorn sowie mit Dämpfern für klangliche Veränderun­gen ausgereizt.

Einmal in der Neuzeit angekommen, ging es mit Komponiste­n des 20. Jahrhunder­ts weiter: Kerry Turners „Fanfare For Barcs“oder Hermann Schroeders „Quartett-Sonate“oder das „Fripperies 1 bis 4 für Hornquarte­tt“von Lowell E. Shaw. Dazu zählte der aus Chile gebürtige Matias Piñeira ein.

Sodann hieß es eintauchen in angejazzte Melodien und ein schaukelnd­es Meer aus Tönen. Der Ausklang des Konzerts war romantisch­träumerisc­h, die Blechinstr­umente zeigten sich noch einmal von ihrer goldenen Seite: Etwa beim peruanisch­en Walzer „La Flor De La Canela“von Chabuca Granda oder einem samtweich klingenden „Yesterday“.

Bei der Zugabe überrascht­e Matias Piñeira als talentiert­er Tenor, indem er ein Volkslied seiner Heimat vortrug. Mit dem wiederum von allen Hornisten gespielten Trinklied aus der Operette „Die Fledermaus“endete ein erlebenswe­rter Abend.

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