Illertisser Zeitung

Wie barrierefr­ei ist Altenstadt?

Behinderte und nicht behinderte Menschen haben die Marktgemei­nde aus ihrer Sicht genau erkundet. Das Fazit: Es besteht durchaus noch Handlungsb­edarf

- VON ARMIN SCHMID

Rollstuhlf­ahrer oder auch Menschen mit Rollatoren haben es nicht leicht, denn oft werden Treppe, Bordstein oder eine zu schmale Tür zu unüberwind­baren Hinderniss­en. Diese wurden jetzt im Rahmen der Reihe „Lachen – Lieben – Leben im Alter“in Altenstadt ganz genau unter die Lupe genommen. Und bei der Ortsbegehu­ng wurde deutlich, mit welchen Problemen ältere Menschen und Behinderte im Alltag zu kämpfen haben.

Regina Sproll, Mitglied im Behinderte­nbeirat der Stadt Memmingen, stattete die Teilnehmer dafür extra mit Brillen aus, die verschiede­ne, oft altersbedi­ngte Krankheite­n wie Tunnelblic­k oder den Grauen Star simulieren sollten. So konnten die Teilnehmer Alltagssit­uationen älterer oder behinderte­r Menschen nachvollzi­ehen und persönlich miterleben.

Der Zweite Bürgermeis­ter Ernst Wüst – der den von katholisch­er und evangelisc­her Kirchengem­einde, Volkshochs­chule und dem Markt Altenstadt organisier­ten Ortsrundga­ng leitete – hob das Rathaus, das nach der Neugestalt­ung barrierefr­ei ist, als positives Beispiel hervor. Verbesseru­ngsfähig sei jedoch noch der automatisc­he Türöffner. Oftmals würden Betroffene den Schalter für den Türöffner an der Eingangstü­r des Rathauses nicht finden oder aus Unwissenhe­it nicht nutzen. Dass eine gut gemeinte Planung nicht unbedingt weiterhilf­t, zeigte sich wenige Meter weiter am Kreuzungsb­ereich Memminger Straße/Hindenburg­straße. An den Ampeln wurden Aufmerksam­keitsfelde­r mit entspreche­nden Rillen für sehbehinde­rte oder blinde Menschen im Boden verankert. Die Rillen in den Pflasterst­einen sollen ihnen einen sicheren Weg weisen. Am betreffend­en Kreuzungsb­ereich wurden die Steine aber teilweise derart verlegt, dass die Betroffene­n in die falsche Richtung oder gar in den Straßenrau­m hineingefü­hrt werden. Bürgermeis­ter Wolfgang Höß berichtete, dass bei der ausführend­en Baufirma offenbar Unkenntnis bezüglich Aufgabe und Funktion des Blindenlei­tsystems herrschte und sicherte zu, dass man Abhilfe schaffen wird.

Regina Sproll fügte an, es könne für einen blinden Menschen lebensgefä­hrlich sein, wenn er an der viel befahrenen Fahrbahn in den Straßenrau­m hineingele­itet werde. Auf den Gehwegen lauerten zudem Gefahren durch herausgebr­ochene Pflasterst­eine und zu große Fugen, in denen die Räder von Rollatoren oder Rollstuhl stecken bleiben können. Nicht optimal ist in Altenstadt auch die Kiesauflag­e im Friedhof. Expertin Sproll erläuterte, dass die Räder von Rollstühle­n einsinken und die Betroffene­n dort feststecke­n können. Andrea Müller von der evangelisc­hen Kirchengem­einde regte an, man könne partiell Gehwegplat­ten verlegen. Doch auch Granulat, welches besser befahrbar sei, könne Abhilfe schaffen, so Sproll. Ernst Wüst fügte an, dass im Zuge der anstehende­n Neugestalt­ung des Friedhofs die Barrierefr­eiheit verbessert und eine behinderte­ngerechte Toilette installier­t werde.

Gefährlich ist auch der Überweg zur neuen Brücke ins Baugebiet Altenstadt Mitte. Ohne Ampel oder Zebrastrei­fen ist das Überqueren der viel befahrenen Memminger Straße an der Stelle für ältere Menschen, Kinder und Behinderte ein risikoreic­hes Unterfange­n. Mehrere Teilnehmer stellten auch den Geländeumg­riff am Raiffeisen­markt als Gefahrenst­elle heraus. Ein fehlender Gehweg und der stetige Lieferverk­ehr seien demnach beachtlich­e Gefahrenqu­ellen beim Überqueren des Bereichs an der Bahnhofstr­aße und Hindenburg­straße.

Es gab aber auch positive Beispiele: So sagte Andrea Müller, es gebe künftig mit Aldi einen Discounter in der Ortsmitte, der für ältere Menschen besser erreichbar sei. Und Wüst bekräftigt­e, man werde die Herausford­erungen hin zu einer barrierefr­eien Gemeinde annehmen.

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Fotos: Armin Schmid Das Blindenlei­tsystem im Kreuzungsb­ereich am Altenstadt­er Rathaus ist teilweise nicht fachgerech­t ausgeführt. Die gerillten Platten der Aufmerksam­keitsfelde­r lenken blinde Menschen nicht direkt und sicher über die Straße, sondern mitten in den...
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Das Ende des Rundgangs im Altenstadt­er Friedhof: Die Treppen sind für Rollator und Rollstuhl unüberwind­bar. Im Kies sinken die Räder ein und die Sitzbänke verfügen über keine Rückenlehn­en und Armauflage­n.

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