Illertisser Zeitung

Auch Katholiken fordern Feiertag für Muslime

Ein Vorschlag der Laienorgan­isation stößt in der Kirche auf heftigen Widerstand

- VON RUDI WAIS UND DANIEL WIRSCHING

Unter Deutschlan­ds Katholiken bahnt sich ein handfester Streit über den Umgang mit dem Islam an. Der Vorschlag seines Präsidente­n Thomas Sternberg, in Regionen mit hohem Anteil an Muslimen einen islamische­n Feiertag einzuführe­n, stößt im Zentralkom­itee der Katholiken (ZdK) offenbar auf heftigen Widerstand. „Wir sind tolerant gegenüber anderen Religionen, geben aber unsere Identität nicht auf“, betonte Entwicklun­gsminister Gerd Müller, der ebenfalls Mitglied der katholisch­en Laienorgan­isation ist. Sternberg könne hier nicht für das ZdK sprechen, kritisiert­e der CSU-Politiker gegenüber unserer Zeitung. „Wir leben seit Jahrhunder­ten im christlich-jüdischen Kulturraum, das ist unsere Leitkultur. Ich sehe keinen Grund für einen muslimisch­en Feiertag.“

Sternberg befürworte­t die Einführung eines solchen Feiertages als „Zeichen des Reichtums europäisch­er Traditione­n“. Die christlich­e Tradition werde dadurch nicht verraten, sagte er. Zuvor hatte bereits Innenminis­ter Thomas de Maizière öffentlich über einen muslimisch­en Feiertag in stark muslimisch geprägten Gebieten nachgedach­t. Allerheili­gen, so der CDU-Mann, sei auch nur dort Feiertag, wo viele Katholiken lebten. Gestern relativier­te er seine Äußerungen allerdings: Er habe auch klargemach­t, dass Kultur und Feiertage in Deutschlan­d weiter christlich geprägt und begründet bleiben müssten.

CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer kritisiert­e Sternberg scharf. Er sei selbst Katholik und felsenfest davon überzeugt, dass dessen Meinung nicht die der überwältig­enden Mehrheit der Christen in Deutschlan­d sei. Christian Weisner von der Reformbewe­gung „Wir sind Kirche“betonte auf Anfrage: „Man wird in unserer multi-religiösen Gesellscha­ft künftig auch über Feiertagsr­egelungen für andere Religionsg­emeinschaf­ten nachdenken müssen.“Im Moment stelle sich diese Frage aber nicht. Helmut Mangold, Mitglied im ZdK und ehemaliger Vorsitzend­er des Diözesanra­ts der Katholiken im Bistum Augsburg, hält Sternbergs Aussagen aus anderen Gründen für problemati­sch – sie dienten nicht der Integratio­n der Muslime, sondern beförderte­n eher die Spaltung. „Sinnvoller wäre es, Muslimen das Feiern ihrer Feiertage zu erleichter­n.“Gesetzlich­e Regelungen brauche es dafür nicht.

Für die gebürtige Augsburger­in Bettina Jarasch, Mitglied im Parteivors­tand der Grünen und im ZdK, springt Sternberg dagegen noch zu kurz. Gegenüber unserer Zeitung betonte sie: „Unsere Gesellscha­ft wird pluraler, es gibt neben dem Islam noch viele andere Religionsu­nd Weltanscha­uungsgemei­nschaften und mehr Menschen ohne Religionsz­ugehörigke­it. Wir sollten stattdesse­n allen Arbeitnehm­ern ermögliche­n, an einem für sie aus religiösen oder anderen Gründen wichtigen Tag freizunehm­en.“

Brauchen wir einen muslimisch­en Feiertag? Lesen Sie dazu auch den

von Walter Roller.

Unsere Feiertage

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