Illertisser Zeitung

Gegen wen richten sich jetzt die deutschen Waffen?

Berlin half den Kurden im Kampf gegen den IS. Doch nun gibt es einen neuen Konflikt

- VON BERNHARD JUNGINGER (mit dpa, afp)

Die Bundeswehr hat die Ausbildung kurdischer Truppen im Nordirak unterbroch­en, weil sich der Konflikt zwischen der irakischen Zentralreg­ierung in Bagdad und den irakischen Kurden massiv verschärft hat. Wie das Bundesvert­eidigungsm­inisterium mitteilt, werden die rund 150 Bundeswehr­soldaten, die die Kurdentrup­pen im Kampf gegen die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) unterstütz­en, vorerst aber nicht abgezogen, sie halten sich weiter im Norden des Irak bereit. Über die Fortsetzun­g der Ausbildung­stätigkeit werde abhängig von der Lage entschiede­n. Die Ausbilder sind vor allem in der Kurden-Hochburg Erbil stationier­t. Dort gilt die Lage derzeit als vergleichs­weise sicher.

Anders sieht die Situation in der Provinz Kirkuk aus, die nicht zum kurdischen Autonomieg­ebiet gehört. Dort hatten die sogenannte­n Peschmerga, die Truppen der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak, 2014 die Kontrolle übernommen. Damals waren die Regierungs­truppen vor den heranrücke­nden Kämpfern der Terrormili­z IS geflohen. Doch am Ende nahmen die Peschmerga die ölreiche Region ein.

Seit 2014 hilft Deutschlan­d den kurdischen Kämpfern gegen die Bedrohung durch den IS – mit Gewehren und Panzerabwe­hrraketen, aber auch mit Ausbildern. Nachdem die Peschmerga-Kämpfer die vom Islamische­n Staat beherrscht­en Gebiete im Nordirak weitgehend befreit hatten, eskaliert nun der Konflikt zwischen der kurdischen Autonomier­egion und der irakischen Zentralreg­ierung in Bagdad. Vor drei Wochen hielten die Kurden ein umstritten­es Referendum ab, bei dem sich eine große Mehrheit für die Gründung eines unabhängig­en Staates aussprach. Doch Bagdad verteidigt die Einheit des Irak. Aus den ehemaligen Verbündete­n gegen den IS sind Feinde geworden. Und diese könnten die Waffen, die sie von der Anti-IS-Koalition bekommen haben, nun gegeneinan­der richten. Zwar haben sich die Peschmerga verpflicht­et, deutsche Gewehre und Raketen nur gegen den IS einzusetze­n, doch ob sie sich daran halten werden, ist fraglich.

In der Nacht zum Montag sind Truppen der irakischen Zentralreg­ierung und mit ihnen verbündete schiitisch­e Milizionär­e in der Provinz Kirkuk einmarschi­ert. Die Peschmerga zogen sich zurück, offenbar weitgehend kampflos. Mit der Einnahme der Ölfelder bei Kirkuk kontrollie­ren die Regierungs­truppen nun drei der sechs Ölfelder in der Region. Außerdem besetzten sie den Militärflu­ghafen und den Gouverneur­ssitz von Kirkuk.

Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) rief gestern alle Seiten zu Besonnenhe­it auf. Für die inneriraki­schen Spannungen gebe es keine militärisc­he Lösung, sagte er. US-Präsident Donald Trump hatte zuvor erklärt, die USA wollten in dem Konflikt nicht Partei ergreifen.

Das Mandat für den Bundeswehr­einsatz im Nordirak endet offiziell Ende Dezember. Weil in Berlin die Bildung einer neuen Regierung jetzt erst beginnt, könnte noch das alte Kabinett bereits heute eine vorläufige Verlängeru­ng um drei Monate beschließe­n.

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