Illertisser Zeitung

Er stach mit Omas Lieblingsm­esser zu

Ein junger Mann besucht seine Großmutter an ihrem Geburtstag. Dann sieht er die Unordnung in ihrem Haus. Er dreht durch. Am Ende sind drei Menschen tot

- (dpa, afp)

Eine Seelsorger­in streichelt den Arm der Frau, die vor acht Monaten ihren Mann verloren hat. Er war Polizist, starb im Februar, weil er gewissenha­ft seinen Job machte. Der Mann und sein Kollege wurden überfahren, als sie einen Raser anhalten wollten. Der Aufprall war so heftig, dass die beiden 49 und 52 Jahre alten Männer sofort tot waren. Was sie nicht wussten: Der Mann im Auto war nicht nur zu schnell unterwegs, sondern hatte kurz zuvor seine Großmutter getötet. Der 25-Jährige steht seit gestern vor dem Landgerich­t in Frankfurt an der Oder.

Der dunkelhaar­ige Angeklagte sitzt in Jeans und Jacke im Verhandlun­gssaal und blickt zu Boden oder auf seine Hände in Handschell­en. Er wirkt angespannt und schluckt häufig. Nach früheren Angaben der Staatsanwa­ltschaft hat er die Taten in Vernehmung­en zugegeben. Zum Prozessauf­takt sagt der Verteidige­r, dass sein Mandant sich nicht äußern werde. Doch wenig später spricht der junge Mann stockend und leise in ein Mikrofon: „Ich kann sagen, dass es mir leidtut.“Über die Polizisten sagt er: „Sie hatten keine Chance zu reagieren.“Über seine Großmutter spricht er nicht. Seit seiner Festnahme sitzt der Deutsche, der wie das 79-jährige Opfer im Städtchen Müllrose lebte, in der geschlosse­nen Psychiatri­e in Brandenbur­g an der Havel.

Den Tag des Verbrechen­s – es war der 28. Februar – beschreibt die Staatsanwa­ltschaft so: Weil seine Großmutter Gegenständ­e in ihre gestellt hatte, verwickelt­e ihr Enkel sie in einen Streit. Und das, obwohl die Oma an diesem Tag ihren 79. Geburtstag feierte. Er soll sich über die Unordnung geärgert und ihr deshalb Honig über den Kopf gekippt haben. Danach telefonier­te die Großmutter. Ihr Enkel glaubte, sie habe ihn verpfiffen und rastete aus. Mit Fäusten, einer Porzellanz­uckerdose und einem Stuhl soll der damals 24-Jährige seine Großmutter attackiert haben. Sie stürzte zu Boden. Er würgte sie. Dann griff der Enkel nach seinen eigenen, früheren Angaben zum „Lieblingsm­esser“seiner Oma und stach ihr in den Hals. Er traf sie tödlich.

Die Anklagebeh­örde ist davon überzeugt, dass der junge Mann nach dem Mord auf einer wirren Fluchtfahr­t mit dem Auto der Rentnerin herumraste, viele VerkehrsBa­dewanne teilnehmer in Gefahr brachte und mehrere Unfälle verursacht­e. Bis er dann zur Polizeikon­trolle am Örtchen Oegeln kam.

Er soll bei den Taten unter dem Einfluss von Drogen und Psychophar­maka gestanden haben. In dem Verfahren wegen dreifachen Mordes wird es auch um die Schuldfähi­gkeit des Angeklagte­n gehen. Die Staatsanwa­ltschaft geht von vermindert­er Schuldfähi­gkeit aus und beruft sich auf einen Gutachter, der dem Angeklagte­n eine Persönlich­keitsstöru­ng attestiert hat.

Das Landgerich­t war gleich nach der Festnahme des Mannes in die Kritik geraten. Gegen ihn hatte es nämlich bereits Ende 2016 einen Prozess unter anderem wegen Raubes gegeben. Wegen einer „undifferen­zierten Schizophre­nie“war er für schuldunfä­hig erklärt worden. Die Kammer ordnete zwar die Unterbring­ung in einem psychiatri­schen Krankenhau­s an – allerdings setzte sie die Vollstreck­ung auf Bewährung aus. Damit blieb der Mann auf freiem Fuß. Grundlage war auch hierfür die Einschätzu­ng eines psychiatri­schen Gutachters gewesen. Auch die Mutter des Angeklagte­n tritt im Prozess als Nebenkläge­rin auf. Ihr Anwalt warf dem Gericht vor, dass es Vorzeichen für die Tat gegeben habe.

Das Landgerich­t will den Prozess heute fortsetzen. Geplant ist, dass auch Polizisten als Zeugen gehört werden. Insgesamt sollen 85 Zeugen vor Gericht aussagen. Deshalb ist erst im neuen Jahr mit einem Urteil zu rechnen.

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Foto: Patrick Pleul, dpa In diesem Häuschen im brandenbur­gischen Müllrose lebte die Großmutter des Ange klagten – und dort starb sie.
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Foto: Björn Steinz, dpa Was hätte wohl Maulwurf Erfinder Zde nek Miler gesagt?

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