Illertisser Zeitung

Einer der letzten Helden von Bern

Hans Schäfer hat jenen Flankenbal­l geschlagen, der bei Helmut Rahn landete und von dort im Tor der Ungarn. Morgen wird der Stürmer 90. Er hat noch ein großes Ziel

- Zeit. kicker (dpa)

Sein ohnehin schon ambitionie­rtes Lebensziel hat Hans Schäfer längst modifizier­t. 102 wolle er werden, hatte der ehemalige Kapitän der Fußball-Nationalma­nnschaft an seinem 75. Geburtstag gesagt: „Und dann in meiner Stammkneip­e mit einem Glas Kölsch in der Hand an der Theke sterben.“Nun ist dieses Ziel nicht mehr allzu weit. Am Donnerstag feiert Schäfer seinen 90. Geburtstag. Und 102 scheint ihm denn auch nicht mehr genug. 105 sei nun das neue Ziel, sagte Schäfer: „Ich habe noch viel vor.“

Diese Aussagen seien „typisch Hans“, sagt Horst Eckel, 1954 Zimmernach­bar Schäfers im Hotel Belvédère in Spiez: „Immer vorausscha­uend und mit typisch rheinische­m Humor.“Eckel und Schäfer sind die beiden einzig noch lebenden Weltmeiste­r von vor 63 Jahren. Ihr Verhältnis ist nach jahrelange­r Funkstille wieder freundscha­ftlich. „Probleme gibt es immer mal im Leben“, sagt Eckel. „Aber wir haben uns ausgesproc­hen und verstehen uns gut. Und natürlich werde ich Hans am Donnerstag anrufen.“Was Schäfer und Eckel eint, ist die Ablehnung des Personenku­lts um die „Helden von Bern“. „Es ist doch kein Heldentum, wenn ich ein Spiel gewinne, und sei es eine Weltmeiste­rschaft“, sagte Schäfer 2006 der

Und ein Wunder sei es auch nicht gewesen: „Im Sport haben Außenseite­r immer eine Chance. Wir haben sie genutzt, daran ist nichts Übernatürl­iches.“

Wegen dieser Einstellun­g sei „de Knoll“(der Dickkopf) „ein Vorbild, von dem ich meinen Spielern gerne erzähle“, sagt DFB-Sportdirek­tor Horst Hrubesch. Für Toni Schumacher, einst Torhüter-Ikone bei Schäfers Verein 1. FC Köln und heute dort Vize-Präsident, ist der Jubilar „eine wahre FC-Legende“und „Vorbild für Legionen von Fußballern in Köln“. Für FC-Präsident Werner Spinner ist Schäfer „das größte Fußball-Idol unserer Stadt“und „eine der größten Le- genden des deutschen Fußballs“. Mit solchen Lobhudelei­en kann Schäfer nichts anfangen. Er ist immer bescheiden geblieben, lebt zurückgezo­gen im Kölner Stadtteil Lindenthal, äußert sich seit Jahren fast nie öffentlich. Nun, im Vorfeld seines 90. Geburtstag­s, beantworte­te er dem einige Fragen. Danach ließ seine Familie über den FC die Bitte verbreiten, „keine Intervieww­ünsche etc. an ihn heranzutra­gen“. Auch den Ehrentag will er nicht groß zelebriere­n. „Wir feiern im engsten Kreis und werden das eine oder andere Fässchen Kölsch köpfen“, sagt er. „Aber am Abend wird der Fernseher angemacht. Der FC soll mich an meinem Geburtstag mit einem Sieg beschenken.“

Die Kölner spielen am Donnerstag bei BATE Borissow in Weißrussla­nd. Zum ersten Mal seit 25 Jahren ist der FC im Europacup dabei, das freut Schäfer. Doch aktuell ist sein Verein Letzter der Bundesliga. Als „de Knoll“noch die Fäden zog, war der FC das „Real Madrid des Westens“. 1962 führte Schäfer die Kölner zum Meistertit­el, 1964 gelang dasselbe in der ersten Bundesliga­saison. 1963 wurde Schäfer zu Deutschlan­ds Fußballer des Jahres gewählt. Unvergesse­n bleibt er aber vor allem wegen jenes Spiels am 4. Juli 1954 im Wankdorfst­adion von Bern. Und wegen der legendären Rundfunk-Reportage von Herbert Zimmermann. „Bozsik, immer wieder Bozsik. Der rechte Läufer der Ungarn am Ball“, erzählte dieser. „Er hat den Ball, verloren diesmal gegen Schäfer, Schäfer nach innen geflankt, Kopfball, abgewehrt, aus dem Hintergrun­d müsste Rahn schießen, Rahn schießt! Toooor! Tooor! 3:2 für Deutschlan­d!“

„Es ist doch kein Heldentum, wenn ich ein Spiel gewinne, und sei es eine Weltmeiste­rschaft.“ Hans Schäfer

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Foto: dpa Endspiel 1954 in Bern: Hans Schäfer (Mitte) im Duell mit Ungarns Torwart Gyula Grosics.
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Foto: dpa Horst Eckel (li.) und Hans Schäfer – die beiden einzigen noch lebenden Fußball Weltmeiste­r von 1954 vor drei Jahren bei einem Empfang.

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