Illertisser Zeitung

„Die schlimmste Katastroph­e meines Lebens“

Ein Vater will seiner Tochter einen schönen 18. Geburtstag bereiten. Am Ende der Party sind sie, ihr Bruder und vier weitere Jugendlich­e tot – weil der Vater einen Generator falsch aufgestell­t hat. Vor Gericht schildert er nun neue, schrecklic­he Details

- VON CHRISTIANE GLÄSER UND GISELA SCHMIDT

Es ist ganz ruhig im großen Saal des Landgerich­ts Würzburg, als der Verteidige­r von Andreas P. dessen persönlich­e Erklärung vorliest. Nur das Weinen und Schluchzen des 52-jährigen Angeklagte­n durchbrich­t immer wieder die Stille. Dieser Mann hat einen Sohn und eine Tochter verloren. Vier weitere Jugendlich­e, alle 18 und 19 Jahre alt, sind ebenfalls tot. Offenkundi­g, weil dieser Mann einen Stromgener­ator in seiner Gartenlaub­e falsch aufgestell­t hat.

Sie hießen Rebecca und Florian, das waren die eigenen Kinder. Sowie René, Felix, Kevin und Michael. Sechs Jugendlich­e. Entspreche­nd heißt es in der Anklagesch­rift: fahrlässig­e Tötung in sechs Fällen. Zwei weitere junge Männer entgingen dem Drama in Arnstein, einer Kleinstadt in Unterfrank­en mit 8000 Einwohnern. Sie waren, obwohl eingeladen, nicht zur Feier gekommen. Der sonnige Morgen an diesem ersten Prozesstag offenbart eine menschlich­e Tragödie, wie man sie sich brutaler kaum vorstellen kann.

Andreas P., ein kleiner, vollbärtig­er Mann mit langen Haaren und Holzfäller­hemd, hat sein Gesicht hinter einer braunen Hängeregis­tratur versteckt, als er den Schwurgeri­chtssaal betritt. Er möchte es später Er habe ihnen zum Abschied noch viel Spaß gewünscht und gesagt, dass sie es nicht übertreibe­n sollen. Und er will gesagt haben: „Stellt den Generator aus, wenn ihr ihn nicht mehr braucht.“Das Telefon legte er beim Schlafenge­hen extra neben das Bett. „Damit ich mitbekomme, falls die Kinder noch etwas brauchen. Ich hörte aber nichts mehr von ihnen.“

Das tödliche Gas, das nicht gerochen und geschmeckt werden kann, hatte sich schnell in der Hütte ausgebreit­et. Der Anklagesch­rift zufolge starben die sechs Teenager vermutlich schon ein bis zwei Stunden, nachdem ihre Party gegen 21 Uhr begonnen hatte. Die Verzweiflu­ng des Mannes ist jetzt deutlich spürbar. „Was im Januar passiert ist, ist die schlimmste Katastroph­e meines Lebens. Sie alle waren Freunde, sie alle waren noch so jung.“

Andreas P. fand die Jugendlich­en am Morgen. Zuerst habe er gedacht, sie schliefen noch. „Mein erster Gedanke war, dass sie zu viel getrunken hatten, denn ich nahm auch Geruch von Erbrochene­m wahr.“Doch als er seine Tochter sanft wecken wollte, fühlte sie sich kalt an – trotz einer Temperatur im Raum von etwa 20 Grad plus. Dann sei ihm klar geworden, „dass etwas Schrecklic­hes passiert ist“.

Das Schicksal des 52-Jährigen geht vielen Prozessbeo­bachtern

Er sagt: Ich will die Schuld nicht von mir weisen Schon einmal schlug das Schicksal zu

 ?? Fotos: Daniel Karmann, dpa ?? „Er ist doch schon genug gestraft“, sagen viele Menschen im fränkische­n Arnstein über den Angeklagte­n Andreas P. Beim Prozessauf­takt vor dem Landgerich­t Würzburg er hält er Zuspruch von Bernhard Löwenberg, einem seiner Verteidige­r.
Fotos: Daniel Karmann, dpa „Er ist doch schon genug gestraft“, sagen viele Menschen im fränkische­n Arnstein über den Angeklagte­n Andreas P. Beim Prozessauf­takt vor dem Landgerich­t Würzburg er hält er Zuspruch von Bernhard Löwenberg, einem seiner Verteidige­r.

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