Illertisser Zeitung

Die Scharmütze­l sind vorbei

Im Kanzleramt regiert noch die Große Koalition, ein paar Schritte weiter wird Jamaika auf den Weg gebracht. Nach Runde eins ziehen dann alle ein recht positives Fazit

- VON MARTIN FERBER

Ein paar Schritte nur sind es vom Kanzleramt, dem Zentrum der Macht, zur noblen Deutschen Parlamenta­rischen Gesellscha­ft direkt gegenüber dem Reichstag, einst das Palais des Reichstags­präsidente­n, dem Ort der vertraulic­hen Hintergrun­dgespräche. An diesem Mittwoch jedoch liegen Welten zwischen den beiden markanten Gebäuden im Berliner Regierungs­viertel. Im Kanzleramt trifft sich noch einmal das Alte, Vertraute und auch Bewährte und handelt, als sei nichts geschehen. Und doch zeichnet sich zeitgleich in der Parlamenta­rischen Gesellscha­ft schon das Neue, Unbekannte und auch Ungewisse am Horizont ab.

In Berlin beginnt an diesem sonnigen Oktobertag eine neue Zeit, eine Zwischenze­it, in der nichts mehr gewiss und vieles offen ist. Im Kanzleramt kommen am Vormittag die Ministerin­nen und Minister der Großen Koalition zur 165. Sitzung des Bundeskabi­netts in dieser Legislatur­periode zusammen, die Ressortche­fs von CDU, CSU und SPD beschließe­n ohne große Diskussion die Fortsetzun­g zahlreiche­r Auslandsei­nsätze der Bundeswehr, unter anderem in Afghanista­n und in Mali, im Südsudan und im Irak. Wie die neue Regierung aussehen wird, die nach den internen Vorstellun­gen bis Weihnachte­n gebildet werden soll, entscheide­t sich derweil ab mittags ein paar Meter weiter in der Parlamenta­rischen Gesellscha­ft, wo die Delegation­en von CDU und CSU, angeführt von den beiden Parteichef­s Angela Merkel und Horst Seehofer, erst mit den Vertretern der FDP und danach mit einer Kommission der Grünen beraten.

Die Anspannung ist unübersehb­ar, mit der bunten Jamaika-Koalition wird Neuland betreten. Und doch gibt es ein Fundament, das trägt, kennen sich die Mitglieder der Delegation­en doch seit langem und wissen ziemlich genau, wie ihre Gegenüber ticken, wo Möglichkei­ten zum Kompromiss liegen und wo rote Linien überschrit­ten werden.

In Berlin gilt es als ausgemacht, dass sich die möglichen Partner seit der Bundestags­wahl zu zahllosen informelle­n Gesprächen getroffen oder lange Telefonges­präche geführt haben, Sondierung­en vor den Sondierung­en, um auszuloten, was geht und was nicht. Entspreche­nd harmonisch verlaufen die beiden Auftaktges­präche: Zumindest für

Es war eine Demütigung für die einst so stolze Sachsen-CDU, die brutaler kaum hätte ausfallen können. Bei der Bundestags­wahl wurde die AfD mit 27 Prozent stärkste politische Kraft im Land und nahm der Union auch noch drei Mandate ab. Nun hat der eher blasse CDU-Chef und Ministerpr­äsident Stanislaw Tillich die Konsequenz­en gezogen – mit seinem Rücktritt macht er den Weg für einen personelle­n Neuanfang frei.

Ob allerdings ausgerechn­et Tillichs bisheriger Generalsek­retär Michael Kretschmer, der zudem bei der Bundestags­wahl seinen Wahlkreis den Anfang wird das Verbindend­e gesucht, die Konflikte, das wissen alle, kommen ohnehin von allein. Die rhetorisch­en Scharmütze­l der letzten Tage sind Vergangenh­eit, sie sind Teil der Verhandlun­gsstrategi­e,

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Foto: Michael Kappeler, dpa Luftschnap­pen auf dem Balkon vor den ersten Sondierung­en: CSU Unterhändl­er Tho mas Kreuzer, FDP Außenpolit­iker Alexander Graf Lambsdorff, Parteichef Christian Lindner, CDU Kanzleramt­schef Peter Altmaier, Kanzlerin Angela Merkel und der CSU Vorsitzend­e...

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