Unionsposse am Rand
VON MARTIN FERBER an die AfD verlor, diesen Neuanfang glaubwürdig verkörpert, darf bezweifelt werden, hat er doch den Zick-Zack-Kurs der CDU im Umgang mit den Rechtspopulisten maßgeblich mitgeprägt. Überzeugender wäre eine andere Lösung gewesen, die noch dazu den Charme gehabt hätte, die in Berlin laufenden Jamaika-Sondierungen positiv zu beeinflussen. Das Amt des sächsischen Ministerpräsidenten wäre wie maßgeschneidert gewesen für Innenminister Thomas de Maizière. In Dresden hätte er den Neuanfang glaubwürdig verkörpert. Und in Berlin wäre ein Schlüsselressort frei geworden. So aber wird der Befreiungsschlag, den Tillich anstrebte, zur sächsischen Posse. nur dazu da, sich in der Öffentlichkeit möglichst teuer zu verkaufen und der Basis zu zeigen, dass man keinesfalls zu schnell einknickt. Doch die Sondierer sind Polit-Profis genug, sich davon nicht beeindrucken zu lassen. Und allen ist bewusst: Die Verhandlungen müssen zu einem Erfolg geführt werden. Für ein Scheitern und Neuwahlen will niemand die Verantwortung übernehmen.
Für Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth von den Grünen steht sogar noch viel mehr auf dem Spiel: „Gerade in Zeiten, da wieder Abgeordnete im Bundestag das Wort ergreifen werden, die andere ,jagen und entsorgen‘ wollen, braucht es eine Regierung, die in Anmutung und Erzählung eine demokratische Antwort auf diesen Rechtsruck gibt“, sagt sie gegenüber unserer Zeitung. Das heiße nicht, dem rechtsnationalen Diskurs hinterherzulaufen, sondern Lösungen für die Probleme unserer Zeit zu bieten, so die frühere Grünen-Chefin.
Der Willen, die Verhandlungen zu einem Erfolg zu führen, prägt denn auch die Gespräche der Union zuerst mit der FDP und danach mit den Grünen. Zwischen Union und Liberalen sind die Schnittmengen ohnehin groß, die drei Generalsekretäre Peter Tauber (CDU), Andreas Scheuer (CSU) und Nicola Beer (FDP) sprechen hinterher unisono von konstruktiven und kreativen Gesprächen. Deutlich länger dauert die Runde mit den Grünen, in der intensiv und kontrovers debattiert wird. Gleichwohl heißt es in der Union wie bei den Grünen, dass man es ernst meine und gemeinsam nach Positionen ringe, die vier Jahre tragen. Dies sei ein starkes Signal, wenn es darum geht, Trennendes in unserer Gesellschaft zu überwinden, so Tauber, und Grünen-Generalsekretär Michael Kellner spricht davon, dass man Lösungen suche, wie Zusammenhalt in der Gesellschaft organisiert werden kann.
Bei so viel Einigkeit will auch CSU-Generalsekretär Scheuer nicht im Abseits stehen. Wahlkampf beendet, Atmosphäre okay, sagt er, man habe sich intensiv abgetastet. Auch Parteichef Horst Seehofer ist zufrieden. Für den ersten Tag war es nicht schlecht …