Ein humorvoller Blick auf die Schweiz
Schauspieler nehmen in Illertissen Klischees auf die Schippe – und sehen Parallelen zu den Schwaben
Sie in einer roten Bluse, er mit einem weißen Hemd. Dazu Lampions mit weißem Kreuz auf rotem Grund: Noch bevor Sabine Lorenz und Peter Bamler überhaupt ein Wort gesagt und ihre kabarettistisch-literarische „Alpeninitiative“gestarteten hatten, war klar, was im Mittelpunkt der abendlichen Kultur im Glashaus (KiG)-Veranstaltung stand – die Schweiz.
Das „Schweizer Heimweh“hatten sich der Schauspieler und seine Kollegin mit offenkundiger „Schweiz-Erfahrung“bei ihrem Gastspiel in Illertissen zum Motto gemacht. Diesem gingen sie mit viel Biss und Ironie nach. Denn die einst arme Schweiz sei früher Europas Auswandererland Nummer eins gewesen. Die „wilden Burschen aus den Alpentälern“dienten als Söldner in fremden Heeren. „Einen friedlichen Restbestand hält sich heute noch der Papst“, bemerkte Bamler trocken. Die kämpferische Söldnerzeit ist also Vergangenheit. Die Sehnsucht nach den „väterlichen Bergen“, die die Auswanderer plagte, sei aber heute noch sprichwörtlich. Doch die Zeit gehe dahin und verändere manches. Heute hätten selbst sie „wankende Gefühle der Schweiz gegenüber“, gestanden beide Schauspieler. Denn der Bergbauer von früher sei heute ein „Alpengärtner“, die rauschenden Bäche Kraftwerke zur Energiegewinnung. Manches sei nur noch Fassade, vor allem in den Städten, wo der „Chäs“quasi vom Cheeseburger verdrängt werde. Bamler zeigte sich des Schweizer Dialekts mächtig, Lorenz sprach Hochdeutsch. Die Verständigung, auch mit dem Publikum, klappte, weil er immer wieder übersetzte. Oder aber, weil in den leider nicht voll besetzten Zuschauerreihen Schwaben saßen, die den Schweizern in manchem ähnlich seien. Denn die Geschichte „Waschküchenschlüssel“des Schweizer Schriftstellers Hugo Loetscher hätte auch in Schwaben spielen können, meinten die Akteure. Ordnungsliebe bis hin zur „schauderhaften Gepflegtheit“verbunden mit einem überkandidelten Rechts- und Pflichtverständnis seien Eigenarten der Bewohner beider Länder.
Schließlich holten Bamler und Lorenz doch noch ein Stück Idylle aus ihrem Koffer, den sie auf der Bühne stationiert hatten. Wenn auch das künstliche Glockengeläute, das daraus plötzlich zu hören war, und ein kleines Stoffschaf, das Lorenz hervorkramte, der „anmutigen Erscheinung“der Schweiz, wie der Dichter Robert Walser sie einst euphorisch beschrieb, wenig nahekam. Gut war hier, dass die beiden auch ein musikalisches „Schweizer Souvenir“samt Akkordeon mit ins Glashaus gebracht hatten. So spielte Harald Lorenzen auf seinem Instrument die Traumlandschaft der Schweizer Berge vor das geistige Auge der Zuhörer. Mit Liedern, etwa Friedrich Glücks „Herz, mein Herz, warum so traurig?“, verstärkte er auch das doch so sprichwörtliche Heimweh.