Illertisser Zeitung

Nichts wie weg

In Frankreich haben viele Flüchtling­e ein Ziel: Sie wollen über den Ärmelkanal nach Großbritan­nien. Vor einem Jahr hat man den „Dschungel von Calais“aufgelöst, dort, wo Tausende in einem furchtbare­n Camp hausten. Doch die Probleme haben sich nur verschobe

- VON BIRGIT HOLZER

Mohamed weiß, was er will. Und wohin. „Brittany, Brittany“, ruft er und zeigt dann in Richtung Meer, dort, wo auf der anderen Seite sein ersehntes Ziel liegt: Großbritan­nien. Seit Tagen streift Mohamed durch das nordfranzö­sische Hafenstädt­chen Ouistreham in der Hoffnung, irgendwie auch die letzte Etappe auf seiner Reise zu schaffen, die ihn von seiner Heimat im Sudan über Libyen, das Mittelmeer und Italien bis in die Normandie geführt hat. 17 Jahre alt sei er, sagt Mohamed. So wie sich fast alle Flüchtling­e hier als Minderjähr­ige ausgeben, weil sie sich eine bessere Behandlung durch die Behörden erhoffen.

Fast 190 Kilometer sind es vom Hafen in Ouistreham ins britische Portsmouth. Eine Strecke, die für Mohamed unglaublic­h nah und zugleich unüberwind­bar weit scheint. Drei Mal am Tag überqueren die großen Fährschiff­e den Ärmelkanal. Und jedes Mal versuchen Menschen wie er, an Bord zu kommen.

Vor jeder Abfahrt füllen sich die Straßen um den Parkplatz am Hafen. In kleinen Gruppen stehen die hat Präsident Emmanuel Macron nach seiner Wahl im Mai angekündig­t, bis Jahresende dürfe es „keinen einzigen Flüchtling mehr in den Straßen“des Landes geben und Asylanträg­e sollten schneller bearbeitet werden. Doch die Realität ist eine andere. So wie es kein ungewohnte­r Anblick ist, dass Roma teilweise in wilden Lagern an Stadtrände­rn oder unter Brücken leben, so gibt es eben auch die Zeltstädte, in denen Flüchtling­e hausen.

Obwohl Frankreich deutlich weniger Flüchtling­e aufnehmen musste und muss als Deutschlan­d, hat das Land deutlich mehr Probleme: Verteilung und Unterbring­ung lief schleppend, manche Kommunen wehrten sich dagegen, Flüchtling­e aufzunehme­n. Oft wird mit den wirtschaft­lichen Problemen des Landes argumentie­rt. Und viele Franzosen sind der Meinung, dass es ohnehin zu viele Ausländer gibt, erst recht durch die vielen Afrikaner, die aus den ehemaligen französisc­hen Kolonien gekommen sind. Es sind vor allem diese Probleme, die den rechtsextr­emen Front National stark gemacht haben. Auch deswegen hatte François Hollande Angela

Sie haben keine Zelte. Sie schlafen auf Kartons Wenn man den Flüchtling­en hilft, werden es immer mehr

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Fotos: Charly Triballeau, afp Ein Bild, wie man es im nordfranzö­sischen Ouistreham täglich beobachten kann: Afrikaner, die auf einen Lastwagen aufspringe­n. So wollen es die jungen Männer auf die Fähre schaffen – und dann über den Ärmelkanal nach Großbritan­nien.

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