Illertisser Zeitung

Ex Lehrling trifft Lehrherrn

Das Spiel gegen Bayer Leverkusen wird für Trainer Manuel Baum auch zu einer kleinen Reise in die Vergangenh­eit. Augsburg will Leverkusen endlich einmal besiegen

- VON WOLFGANG LANGNER UND FLORIAN EISELE WorldSocce­r

Wenn Manuel Baum am morgigen Samstag (15.30 Uhr) mit seiner Mannschaft auf Bayer Leverkusen trifft, dann holt ihn ein Stück weit seine Vergangenh­eit ein. Eine Vergangenh­eit, an die er sich gerne zurückerin­nert. Schließlic­h ist das Wiedersehe­n mit Leverkusen­s Trainer Heiko Herrlich etwas Besonderes für den 38-Jährigen. „Eigentlich hat er mich entdeckt und man kann ihn schon als meinen Lehrherrn bezeichnen“, sagt Baum.

Herrlich, der ehemalige Profi, der mit Borussia Dortmund 1997 die Champions League gewann und mit den Schwarz-Gelben zweimal deutscher Meister wurde, übernahm als Trainer im Jahr 2011 den Drittligis­ten SpVgg Unterhachi­ng. Dabei hielt er Ausschau nach einem passenden Co-Trainer. Zu jener Zeit war Baum noch beim Bezirksobe­rligisten FT Starnberg tätig. Mit Starnberg hatte Baum eine kleine Siegesseri­e. „Damals war ein Artikel über Starnberg und mich in der Zeitung. Den hat Heiko gelesen. Dadurch wurde er auf mich aufmerksam und hat mich als Co-Trainer nach Unterhachi­ng geholt“, erzählt Baum. Herrlich/Baum waren ein eingespiel­tes Team. „Jeder hat seine Ideen mit eingebrach­t. Er als ehemaliger Profi seine Erfahrungs­werte, und bei mir ist ja schon immer das Thema Taktik ein Steckenpfe­rd gewesen. Ich durfte damals auch öfter mal das Training leiten“, so Baum weiter. Baum hat vor allem ein Charakterz­ug Herrlichs immer imponiert, der weniger mit Fußball zu tun hat: „Seine Empathiefä­higkeit ist sehr ausgeprägt.“

Nun kommt Herrlich, der im Jahr 2000 noch an einem Gehirntumo­r erkrankt war, mit seinem Team nach Augsburg. Seit fünf Spieltagen ist Leverkusen ungeschlag­en. Zudem ist die Werkself das einzige Bundesliga-Team, gegen das der FC Augsburg noch nie seit dem Aufstieg in die erste Liga gewonnen hat. Einen Sieg kann Baum aber auch dieses Mal nicht verspreche­n: „Ich denke, wir sind gut vorbereite­t und topfit, aber Leverkusen gehört zu den Top Fünf in der Bundesliga. Das ist ein harter Brocken, aber wir haben gezeigt, dass wir gegen jeden etwas holen können.“

An Selbstbewu­sstsein mangelt es dem FCA nicht. Zuletzt hat Augsburg souverän mit 3:0 in Bremen gewonnen. Einer, der momentan viel zu diesem Höhenflug beiträgt, ist Verteidige­r Daniel Opare. Er gehört zu den Überraschu­ngen der Saison. Im vergangene­n Winter wurde der Ghanaer nach Frankreich zum RC Lens ausgeliehe­n. Nach seiner Leihe schien auch die Zeit beim FCA abgelaufen. Doch Opare bekam die Kurve. „So ist Fußball. Manchmal braucht man Geduld. Ich habe immer auf meine Chance gewartet und Manuel Baum hat mir das Vertrauen geschenkt. Vielleicht ist das der Grund, warum es jetzt so gut läuft“, erzählt er in Englisch.

Im Jahr 2007 listete ihn das Fußball-Magazin unter den weltweit 50 hoffnungsv­ollsten Talenten auf. Darunter auch Gareth Bale, Toni Kroos oder Karim Benzema. Zehn Jahre sind seither vergangen. Opare lächelt: „Es fühlt sich toll an, bei dieser Gruppe eingeordne­t gewesen zu sein. Aber das ändert nichts für mich. Ich bleibe bescheiden und lerne jeden Tag dazu. Ich bin bei Augsburg, nur das zählt.“

Baum versucht, die Wandlung Opares, der früher oft leichtsinn­ig spielte, zu erklären: „Vor der Saison beim Testspiel in Middlesbro­ugh hat eine Unkonzentr­iertheit von ihm zum Gegentor geführt. Ich habe das Gefühl, dass er daraus gelernt hat und jetzt über einen längeren Zeitraum konstant gespielt hat.“Allerdings gibt ihm Baum klare Vorgaben: „Er muss erst defensiv seriös arbeiten, um sich dann nach vorne einzuschal­ten.“

Die Verantwort­lichen stellen sich dilettanti­sch an. Neuerungen lassen sich immer nur mit der größtmögli­chen Transparen­z einführen. Was die Schiedsric­hter-Bosse aber machen, nährt den Verdacht geheimbünd­lerischer Tendenzen. Der Videobewei­s sollte den Fußball ein Stück weit gerechter machen. Ein gleichsam honoriger wie auch schwierige­r Ansatz. Von Beginn an war klar, dass es schwer sein würde, Traditiona­listen von den Vorteilen zu überzeugen. Auch deshalb zogen Hellmut Krug und Co. den Rahmen sehr eng.

Krug ist hauptveran­twortlich für die derzeitige Umsetzung. Er arbeitete mit den Unparteiis­chen ein Jahr lang am Einsatz des VideoAssis­tenten. Vor der Saison wurden Vereine und Journalist­en informiert, wann eingegriff­en wird. Lediglich in vier Fällen darf der in Köln sitzende Assistent intervenie­ren: bei Toren, Elfmetern, Roten Karten oder Spielerver­wechslunge­n. Und dann auch nur bei klaren Fehlentsch­eidungen.

Der Akzeptanz war es nicht zuträglich, dass die Technik an den ersten Spieltagen ab und an streikte. Mal konnte der Unparteiis­che den Assistente­n nicht hören, dann funktionie­rten die Abseitslin­ien nicht. Kinderkran­kheiten.

Nun haben sich die Verantwort­lichen einen großen Fehler erlaubt. Sie haben eine Veränderun­g am Video-Beweis vorgenomme­n, ohne die Fans darüber zu informiere­n. Anstatt nur noch bei klaren Fehlentsch­eidungen das Urteil zu revidieren, laufen die Schiedsric­hter auch bei vielen vertretbar­en Entscheidu­ngen an die Außenlinie, um sich zu vergewisse­rn. Das geschieht auf Anweisung der TopFunktio­näre Lutz Michael Fröhlich und Hellmut Krug. Sie wiesen die Bundesligi­sten Ende Oktober in einem Brief darauf hin, dass die Assistente­n die Referees nun schon alarmieren sollten, wenn „starke Zweifel an der Berechtigu­ng der Schiedsric­hterentsch­eidung“vorlägen. Das führte dazu, dass die Unparteiis­chen nun beinahe jede kritische Situation nochmals am Bildschirm betrachten. So aber verändert der Video-Beweis tatsächlic­h den Charakter des Spiels. Es zieht sich in die Länge. Die Zuschauer werden nicht darauf hingewiese­n, welche Situation aus welchen Gründen überprüft wird. Die Schiedsric­hter verlieren den Glauben in die eigenen Entscheidu­ngen. Sie revidieren sie, obwohl sie richtig waren. So verlieren die Unparteiis­chen und der Video-Beweis Akzeptanz.

Der Ansatz, ausschließ­lich bei klaren Fehlentsch­eidungen einzugreif­en, war der richtige. Auch dann wird die Neuerung aber nur angenommen, wenn den Zuschauern eindeutig mitgeteilt wird, weshalb eingegriff­en wird. Im Verborgene­n einen neuen Erlass zu verfassen, war die schlechtmö­glichste Entscheidu­ng.

 ?? Foto: Imago ?? Heiko Herrlich (rechts) holte Manuel Baum 2011 als Co Trainer zur SpVgg Unterhachi­ng. Für Baum war es der Start in den Profifußba­ll. Am Samstag treffen die beiden als je  weilige Cheftraine­r ihrer Vereine FC Augsburg und Bayer Leverkusen aufeinande­r.
Foto: Imago Heiko Herrlich (rechts) holte Manuel Baum 2011 als Co Trainer zur SpVgg Unterhachi­ng. Für Baum war es der Start in den Profifußba­ll. Am Samstag treffen die beiden als je weilige Cheftraine­r ihrer Vereine FC Augsburg und Bayer Leverkusen aufeinande­r.

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