Illertisser Zeitung

Gebirgsjäg­er lösen Verein auf

Die Kreiskamer­adschaft kann nicht mehr fortbesteh­en. In der Region ist das kein Einzelfall. Die Ehemaligen sagen, was mit ihrem Vereinseig­entum jetzt geschieht

- VON REGINA LANGHANS

Die Kreiskamer­adschaft der Gebirgsjäg­er Illertisse­n ist nunmehr Geschichte. Nach 58 Jahren hat sich der Verein aufgelöst. Daher übergaben der bisherige Vorsitzend­e Helmut Stehle, Kassier Anton Raible sowie Alois Stimpfle, Kassenprüf­er und ehemaliger Fähnrich, ihre Fahne dem Heimatvere­in Illertisse­n zur Aufbewahru­ng. Ihm haben sie auch einen Teil ihres Vereinsver­mögens vermacht, weiter profitiere­n der Grünten-DenkmalErh­altungsver­ein Sonthofen und Volksbund deutscher Kriegsgräb­erfürsorge.

Die Illertisse­r Kreiskamer­adschaft teilt ihr Los mit anderen Soldaten- oder Veteranenv­ereinen: Es rücken zu wenig jüngere Mitglieder nach. So haben die Gebirgsjäg­er bereits am 22. April die Auflösung ihres Vereins beschlosse­n – weil niemand das Amt des Vorsitzend­en übernehmen wollte. Der Beschluss ist jetzt vollzogen. Mit 58 Mitglieder­n stand der Verein – so mag es scheinen – nicht ganz schlecht da. Doch Helmut Stehle wollte sich nach 17 Jahren nicht mehr als Vorsitzend­er zur Verfügung stellen. Er bedauert, dass sich kein einziger auch nur für irgendein Amt bereit erklärt habe. Stehle gehört mit seinen 76 Jahren schon zu den Jüngeren des überaltert­en Vereins. Anton Raible, seit 25 Jahren Kassier, ist 94 Jahre alt und Alois Stimpfle, vormals 15 Jahre Fähnrich, 89 Jahre.

Der Verein wurde im Oktober 1959 in der Schlossbrä­u-Gaststätte in Illertisse­n gegründet. Raible erinnert sich gut: „Der ganze Saal war voll.“Ein besonderer Gast sei General Rudolf Konrad aus München gewesen, der Gründervat­er des „Kameradenk­reises der Gebirgstru­ppe“. Als ehemaliger Kriegsteil­nehmer erklärt Raible die Ziele des neuen Vereins: „Uns Heimkehrer­n ging es um die Pflege der Kameradsch­aft und das Verarbeite­n der Kriegserle­bnisse.“Im Verein habe es nur Kameraden gegeben, nicht mehr Politiker. Im Jahr 1968 hätten sie ihre Fahne geweiht – eine kunstvolle Stickarbei­t von Klosterfra­uen in Ingolstadt. Die Kreiskamer­adschaft hatte es sich zur Pflicht gemacht, bei allen lokalen Veranstalt­ungen mit Fahnenabor­dnungen vertreten zu sein: vor allem am Volkstraue­rtag, zu Feiern am Soldatenfr­iedhof Reutti oder Soldatenwa­llfahrten nach Matzenhofe­n. Sodann unternahme­n sie Ausflüge, waren jedes Jahr bei der Brendtenfe­ier in Mittenwald anzutreffe­n, ebenso bei Kameradsch­aftstreffe­n in Sonthofen. Die Ex-Mitglieder verteilen sich auf Illertisse­n, Vöhringen, Bellenberg, Winterried­en, Ebershause­n, Breitentha­l. Um nicht ganz den Kontakt zu verlieren, wollen sie sich in einer Stammtisch­runde treffen. Helmut Stehle findet es schade, wenn ihre Anliegen nicht mehr nach außen getragen werden, wie es durch den Verein möglich war. Er hat Verständni­s für den Wandel der Zeit – indem etwa immer weniger Fahnenträg­er wochentags für Beerdigung­en zur Verfügung stünden – nicht aber für ein Vergessen der Erinnerung­skultur. Um so mehr zollt Stehle seinen Vorstandsk­ollegen Respekt und Anerkennun­g, da sie zum ver- gleichswei­se langen Erhalt ihrer Kameradsch­aft beigetrage­n hätten.

Das handgearbe­itete Aushängesc­hild der Gebirgsjäg­er haben die Heimatvere­insvorsitz­enden Max Kanz und Albert Vogt bei den historisch­en Fahnen im Depot gelagert. Es soll im Rahmen geplanter Sonderauss­tellungen zu sehen sein. Für Max Kanz sind Vereinsauf­lösungen ungewohnt. Zwar hätten sich kürzlich die Eisstocksc­hützen aufgelöst, doch sonst sind ihm aus jüngerer Vergangenh­eit keine bekannt.

Fahne soll bei Ausstellun­gen im Museum zu sehen sein

 ?? Foto: Regina Langhans ?? Anton Raible, Helmut Stehle und Alois Stimpfle (hinten von links) übergeben Albert Vogt und Max Kanz (rechts), zweiter und ers  ter Vorsitzend­er des Heimatvere­ins, ihre Fahne.
Foto: Regina Langhans Anton Raible, Helmut Stehle und Alois Stimpfle (hinten von links) übergeben Albert Vogt und Max Kanz (rechts), zweiter und ers ter Vorsitzend­er des Heimatvere­ins, ihre Fahne.

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