Illertisser Zeitung

Wann wird’s mal wieder richtig „Tatort“?

- Bild am Sonntag Bild, Bild Stadt-Anzeiger; bild.de). (Spiegel.de), ARD-KultKrimi Kölner dpa, ZDF weil ARD VON DANIEL WIRSCHING

Kaum ein „Tatort“-Wochenende ohne „unseren TV-Liebling“in

oder Klar, bei Einschaltq­uoten um die zehn Millionen ist das (angenommen­e) Leser-Interesse groß. Gut, auch wir berichten über den „Tatort“– wie heute wieder in unserer „Tatort“-Kolumne auf der Seite

Aber die glaube ich, beschäftig­t eine eigene Redaktion, die nichts anderes tut, als sich zu überlegen, was sie am „Tatort“aussetzen könnte. Sie findet immer was. Erst kürzlich wieder, als die

sprachlich etwas unbeholfen titelte: „Sehnsucht nach Tatort wie früher“. Mir schwirrt seitdem der alte Carrell-Song im Kopf, mit leicht geändertem Text: Wann wird’s mal wieder richtig Tatort?

(Bild am Sonntag) Bild am Sonntag.

Ein Tatort wie er früher einmal war? Ja, mit Neppern, Schleppern u-h-und Bauernfäng­ern, und nicht so experiment­ell wie beim letzten Mal.“Mit Blick auf die letzten Folgen lässt sich durchaus diskutiere­n, wie experiment­ell es im

zugehen sollte. So hatte der Furtwängle­r-Krimi „Der Fall Holdt“ein offenes Ende, keinen Täter; im Haus des Frankfurte­r Kommissars Paul Brix spukte es wie in einem Horror-Schocker; die Münchner erregten mit ihren Ermittlung­en in der Porno-Branche die Gemüter („So viel Sex gab es im ,Tatort‘ wohl noch nie“,

„Vulgär-TV zur besten Sendezeit, in der ARD!“; Und die Stuttgarte­r boten „Verschwöru­ngs-,Tatort‘“

den der Journalist Stefan einen Aust, ein ausgewiese­ner Experte in Sachen Rote Armee Fraktion, als „RAF-Propaganda“kritisiert­e.

Ist der „Tatort“also zu experiment­ell? Nein, meint etwa der Tübinger Professor Tobias Gostomzyk. Seine Untersuchu­ng der Folgen von 2015 ergab zumindest, so die dass mehr als 90 Prozent klassisch mit einem Tötungsdel­ikt begannen und „normal“aufgelöst wurden. Die beschränkt­e die Zahl der experiment­ellen Folgen – was auch immer das heißen mag – dennoch kürzlich auf zwei pro Jahr.

Dabei ist der „Tatort“für KrimiFans wie mich nicht deshalb so problemati­sch, weil er ab und an mit den Grenzen des Genres – formal oder inhaltlich – spielt. Im Gegenteil: Nur experiment­iert wurde, konnte die Folge „Frau Bu lacht“von 1995 überhaupt erst zum Höhepunkt der Reihe werden. Würde der „Tatort“nicht experiment­ieren, könnte man an seiner Stelle einfach „Derrick“oder „Der Alte“in Endlosschl­eife wiederhole­n (wenn das einverstan­den wäre).

Nein, nein: Das eine große Problem des „Tatort“ist, dass er zu schlecht ist im Experiment­ieren. Um zu wissen, was ich damit meine, muss man nur eine (!) Folge einer amerikanis­chen, britischen oder skandinavi­schen Krimi-Produktion der vergangene­n Jahre gesehen haben. Wenn im „Tatort“experiment­iert wird, kommt meist nichts Halbes und nichts Ganzes heraus.

Das andere große Problem: Weil die Macher stets gesellscha­ftspolitis­che Debatten aufzugreif­en versuchen, vergessen sie häufig, dass ein guter TV-Krimi zwingend eine gute Krimi-Handlung braucht. Der Fall wird allzu oft zur Nebensache.

Gehen Ihnen die „Tatort“-Experiment­e zu weit? Wie sollte der „Tatort“sein? Schreiben Sie mir an:

wida@augsburger-allgemeine.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany