Illertisser Zeitung

„Wie die Wikinger“– Dänen feiern ihre WM Party

Das kleine Land ist im siebten Himmel: Nach dem 5:1 gegen Irland ist es bei der Weltmeiste­rschaft in Russland dabei. Besonders einen Spieler lassen Mannschaft, Fans und Medien nach der „Wahnsinnsn­acht“von Dublin hochleben

- Ekstra Bladet. TV2. Jyllands Posten. Ritzau: (dpa)

Hattrick-Held Christian Eriksen blieb auch nach seinen entscheide­nden Treffern für Dänemarks WM-Qualifikat­ion bescheiden. „Ich bin immer noch Christian aus Middelfart, auch wenn ich drei Tore geschossen habe“, sagt der Stürmer der Tottenham Hotspur nach seiner Großtat beim 5:1 im Play-off-Spiel in Irland.

In der Heimat wurde Eriksen prompt als „König Christian“gefeiert. Sein Trainer hatte den Matchwinne­r schon vor dem Spiel als Weltstar eingeordne­t – doch Eriksen wollte davon nichts hören. Weltstar, das sei nur einer, der auch zur Weltmeiste­rschaft fahre. Jetzt ist klar: Dänemark fährt wirklich zur Fußball-WM nach Russland.

Eriksen selbst aber fasste das wohl wichtigste Match seiner bisherigen Karriere leicht unterkühlt so zusammen: „Das war ein schöner Tag im Büro.“Die dänischen Medien indes übertrafen sich am Mittwoch mit Lobeshymne­n für ihren WM-Helden. „Eriksen – du bist verrückt! Eine tödliche Waffe, die fast eine Erlaubnis erfordert“, schrieb Auch Trainer und Mitspieler schwärmten. „Die WM verdient Christian Eriksen“, sagte Nationalco­ach Åge Hareide. Der Norweger hält seinen StürmerSta­r für einen der zehn besten Fußballer der Welt. Eingehüllt in die dänische Flagge bedankte sich Torhüter Kasper Schmeichel nach dem Match bei seinem Kapitän: „Verdammt, was für ein Spieler. Ich glaube, wir sollten dankbar sein, dass er Däne ist.“

Doch es war nicht allein Eriksen, der die Dänen zu ihrer fünften WM geschossen hat. Das Team hat seit mehr als einem Jahr kein Spiel mehr verloren. Elf Spiele ohne Niederlage gab es zuletzt 1994/95, kurz nach dem sensatione­llen EM-Titel 1992. Seit 2012 allerdings hatte das dänische Team alle internatio­nalen Meistersch­aften vom heimischen Sofa verfolgt.

Ausgerechn­et ein Norweger hat den dänischen Fußball wieder auf Vordermann gebracht. „Åge Hareide und die Spieler haben gemeinsam den richtigen Weg gefunden: Ein Kollektiv mit ein paar Stars“, meint Fußballexp­erte Flemming Toft vom Sender Was der Trainer den Spielern vor dem Spiel gegen Irland mitgab, erzählte Thomas Delaney der Nachrichte­nagentur „Åge hat gesagt, dass wir es wie die Wikinger machen sollen: Wir sollten die Macht ergreifen und alles plündern.“

Die Unbefangen­heit ist es, die dänische Medien schon Parallelen zu „Danish Dynamite“beim EM-Triumph von 1992 ziehen lässt. Damals rutschte Dänemark Tage vor dem Eröffnungs­spiel durch den Ausschluss Jugoslawie­ns ins Turnier – und holte den Titel. „Ja, 1992 war ein ausgezeich­netes Jahr für den dänischen Fußball“, erinnert die Zeitung „Da wurden wir Europameis­ter, und in Middelfart wurde ein Junge namens Christian geboren. Seine Eltern müssen heute heulen vor Stolz.“

Das Teilnehmer­feld ist komplett. Ob sich in der gestrigen Nacht nun Peru oder Neuseeland für das Turnier qualifizie­rt haben, dürfte für den Ausgang der Weltmeiste­rschaft unerheblic­h sein. Weitaus wichtiger ist es, die richtigen Schlüsse aus der vergangene­n Qualifikat­ion zu ziehen. Sowohl für die kommende WM als auch für spätere Turniere.

1. Sollte den Teams tatsächlic­h etwas daran gelegen sein, sich die Teilnahme an einer Weltmeiste­rschaft zu sichern: Stellt das Absingen der Nationalhy­mne ein. Die Italiener waren vom inbrünstig­en Schmettern der ihrigen dermaßen erledigt, dass sie es nicht schafften, den Ball gegen Schweden im Tor unterzubri­ngen. Auf deutscher Seite hingegen werden Kräfte gespart. Mesut Özil und Jérôme Boateng mag vielleicht kein Anschlussv­ertrag beim Tölzer Knabenchor winken, dafür dürfen sie den künftigen Sommer in Russland verbringen.

2. Die Fifa ist Neuerungen gegenüber immer aufgeschlo­ssen. Um mehr Nationen die Teilnahme an einer WM zu ermögliche­n, stockt sie das Teilnehmer­feld 2026 auf 48 Mannschaft­en auf. Das kann aber nur ein erster Schritt gewesen sein. Denn auch dann werden einige der talentiert­esten Fußballer der Welt ihren Frauen einen Sommer lang auf die Nerven gehen. Einen Modus, in dem sich Holland sicher für die WM qualifizie­rt, können nicht mal die Wissenscha­ftler der Fifa ersinnen. Also: Aufstocken auf 49 Teams, ein Platz für die „Staatenlos­en“. In dem würden bei der kommenden WM dann beispielsw­eise die Herren Buffon, Alaba, Robben, Aubameyang und Bale auflaufen. 49 Teams würden auch den Spielplan extrem vereinfach­en. Sieben Gruppen zu je sieben Mannschaft­en. Sechs garantiert­e Spiele pro Team! Welch Geldregen! Die besten vier jeder Gruppe qualifizie­ren sich für die Playoff-Runde. Die restlichen vier Teams werden aus den Gruppenfün­ften und dem besten -sechsten in Hin- und Rückspiel ermittelt. Ganz logisch also.

3. Die Fifa wird sich zieren, aber einzig vernünftig wäre es, den Pokal einfach am Finaltag nach Deutschlan­d zu schicken. Das Team verliert nicht mal mehr mit einer durchschni­ttlich spielenden B-Elf gegen Frankreich. Was soll denn erst passieren, wenn Neuer, Müller, Boateng, Reus – okay, der vielleicht nicht – wieder dabei sind? Für die Fernsehquo­te wäre es freilich besser, wenn sich die Mannschaft durch die Vorrunde quält, ihre Leistung langsam steigert und das Finale nach heroischem Kampf gewinnt.

Also, auf nach Russland.

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Foto: Anders Kjörbye, dpa So sehen Sieger aus: Die junge dänische Mannschaft hat sich über die Play offs für die WM in Russland qualifizie­rt.
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