Partys sollen junge Sportler locken
Michael Gessel und Oliver Heinermann kümmern sich im Sportclub Vöhringen um die Jugend. Mit welchen Ideen sie um Mitglieder werben und warum das „Wir-Gefühl“für sie zählt
Mit Partys um Nachwuchs werben? Ist das der richtige Weg, um Vereinen wieder mehr jüngere Mitglieder zuzuführen? Diese Frage beantwortet Michael Gessel, Jugendbeauftragter beim Sportclub Vöhringen (SCV), mit einem klaren „Ja“. „Es sind Partys, bei denen Alkohol tabu ist. Aber die Jugendlichen erleben Begegnungen, die wir für wichtig halten, weil man damit der Individualisierung entgegenwirken kann.“
Gessel geht es aber um mehr als nur den Bestand einer Gemeinschaft zu sichern, die mit 3300 Mitgliedern, davon sind 1482 Kinder und Jugendliche, der größte Verein im Landkreis ist und auf festen Füßen steht. „Wir müssen das WirGefühl stärken.“Damit ist er sich mit Oliver Heinermann einig, der sich als Zweiter Vorsitzender ebenfalls mit der Jugendarbeit befasst. „Ein Verein muss mehr sein als nur ein Anbieter von sportlichen Dienstleistungen“, sagt er.
Im kommenden Jahr steuert der SCV ein großes Jubiläum an: er feiert sein 125. Gründungsfest. Dieses Ereignis soll mit Mitgliedern, die
Ganztagesklassen binden Kinder an die Schule
sich mit ihrem Verein identifizieren, gebührend gefeiert werden. Was die Nachwuchsarbeit erschwere, und da steht der Sportclub nicht alleine da, sei die Konkurrenz in den Schulen. Ganztagesklassen oder Horte würden die Kinder und Jugendlichen beinahe den ganzen Tag binden. „Das ist ja gut und recht“, sagt Heinermann, „aber wo bleibt dann noch Platz für Sport?“Gut könne man die Nachwuchsprobleme an der Fußballabteilung ablesen. „Bei den Bambini gibt es keinen Mangel. Aber in den höheren Stufen wird er bemerkbar, weil man dann Vereinsgemeinschaften bilden muss, um überhaupt eine Elf zusammenzubekommen.“
Seit dem Jahr 2011 ist Michael Gessel Jugendbeauftragter, der sich begeistert seiner Aufgabe widmet. Er hat sich selber ein Programm gemacht, nach dem er und der Verein vorgehen. So gibt es die Veranstaltung „SCV trifft Kita“, angesprochen sind Mädchen und Buben, die noch nicht zur Schule gehen. Der SCV-Kidstag ist zugeschnitten auf Grundschulkinder. Die Skiabteilung bietet die SCV-Kids-Skifreizeit an, es wird ein Kinderfasching veranstaltet, ein Jugendsporttreff, ein „Sporting und Chillingtag“, eine Wieland-Freizeit in den Sommerferien, eine Freizeit für Mountainbiker und ein Ü-14-Hallenhockey-Treff. Und das Neueste ist die Ü-14-Jugendparty in Zusammenarbeit mit dem Jugendhaus.
Gessel sagt von sich selbst, „ich sehe mich als Ideenbringer und Ansprechpartner, damit abteilungsübergreifende Jugendarbeit möglich ist“. Gerade das „Abteilungsübergreifende“ist für Gessel ein Anliegen und trifft damit auch die Vorstellungen des Vorstands. „Kooperation und gute Kontakte zwischen den Mitgliedern der Abteilungen sind nötig, um das Wir-Gefühl zu entwickeln.“
Ganz im Stillen wirkt das Ju- gendforum, das es seit wenigen Jahren gibt. „Eine wichtige Einrichtung“, meint Gessel. „Zahlreiche Wünsche kommen aus diesem Gremium, so zum Beispiel die Ü-14-Party, der erste Versuch war ein durchschlagender Erfolg“. So heißt es im Frühjahr auf ein Neues.
Die Kontaktpflege zur offenen Jugendarbeit im Jugendhaus halten Heinermann und Gessel für wichtig. Denn dort werden auch Themen angesprochen wie Prävention gegen sexuelle Gewalt und Drogen- beratung. Natürlich erhoffen sich die beiden von all diesen Aktivitäten auch, dass Interesse für den Sport geweckt wird.
Alles, was Michael Gessel macht, leistet er mit Engagement. Er begründet auch, warum er gerne so viel Zeit und Arbeit in den Verein steckt. „Das Wort Work-Life-Balance scheint mir veraltet. Vielmehr sollten wir versuchen, alles was wir tun, mit Freude, Sinn und einem guten zeitlichen Umfang zu tun.“Wenn es ihm gelinge, zusätzlich zum Sport junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu begleiten oder zu inspirieren, „dann betrachte ich das als meinen maximal möglichen Erfolg“.
Kontakt zum Jugendhaus ist dem Verein wichtig